Konzept der "grünen Schienen" erfolgreich umgesetzt

Bahnbrechend für nachhaltige Mobilität

Völklingen (ABZ). – Dekarbonisierte Schienen aus CO2-armem Stahl von Saarstahl Rail erschließen Schienennetzbetreibern die Möglichkeit, die CO2-Emissionen des ohnehin schon klimafreundlichen Verkehrsmittels nochmals drastisch zu reduzieren, ist sich das Unternehmen sicher.
CO2-Emission Recyclingtechnik
Die Verlegung der grünen Schienen durch SNCF Résau. Foto:SNCF Résau/Maximilien Stein Yengo

Als eigener Aussage zufolge europaweit bislang einziger Anbieter haben die französischen Tochtergesellschaften des Saarstahl Konzerns, Saarstahl Rail und Saarstahl Ascoval, herkömmliche Prozesse und Produktionsverfahren hinterfragt und dekarbonisierte Schienen entwickelt. Im engen Schulterschluss mit der staatlichen französischen Eisenbahngesellschaft Société Nationale des Chemins de Fer Français (SNCF) setzt das Unternehmen seit 2019 das auf dem Modell der Kreislaufwirtschaft basierende Konzept der grünen Schienen erfolgreich in der Praxis um. Weitere Eisenbahnnetzbetreiber wie das belgische Unternehmen Infrabel oder Infrastrukturunternehmen wie die Société du Grand Paris haben inzwischen ebenfalls Millionenaufträge über grüne Schienen an Saarstahl Rail erteilt, so das Unternehmen weiter.

Recycelter Stahlschrott

Schlüssel zum Erfolg der dekarbonisierten Schienen sind Unternehmensangaben zufolge das nachhaltige Herstellungsverfahren und der Einsatz von 100 % recyceltem Stahlschrott. Um Netzbetreibern die notwendige Versorgungssicherheit mit umweltfreundlichen Schienen zu gewährleisten, ist ein ausreichend großer Vorrat aus Industrieschrott Altschienen sowie anderen Stahlkomponenten aus Eisenbahnnetzen erforderlich.

Deshalb kauft Saarstahl Rail von Schienennetzbetreibern Altschienen und Stahlschrott aus dem Netzwerk an, um diese bei Saarstahl Ascoval zu recyceln. In Saint-Saulve nahe Lille schmilzt Saarstahl Ascoval eigenen Angaben zufolge den Rohstoffmix in einem Elektrolichtbogenofen (EAF) ein und gießt den so entstandenen Schienenstahl zu Vorblöcken. Diese werden mit dem Zug zur Schienenfabrik Saarstahl Rail in Hayange nördlich von Metz geliefert und dort zu grünen Schienen gewalzt. Auch die umfangreiche Endkontrolle mittels Laser, Ultraschall und Sichtprüfung erfolgt in Hayange.

Dabei wird beispielsweise die Einhaltung der von der Euronorm vorgeschriebenen Ebenheitstoleranz überprüft, um bei 300 km/h schnellen Hochgeschwindigkeitszügen optimale Spurtreue und Fahrkomfort zu gewährleisten. Verglichen mit herkömmlichem Schienenstahl, der aus den Rohmaterialien Eisenerz und Kohle in einer Hochofenroute mit Sauerstoffkonverter entsteht, verursacht das neue Herstellungsverfahren bis zu 70 % weniger CO2-Emissionen, verspricht Saarstahl: Wurden bislang 2,61 t CO2 je Tonne Stahl emittiert, sind es bei diesem neuen Prozess nur noch 0,77 t je Tonne Stahl.

Als erster Netzbetreiber suchte SNCF, einer der größten Kunden von Saarstahl Rail, eine Lösung zur Dekarbonisierung von Schienen und fand in dem langjährig bewährten Lieferanten den geeigneten Entwicklungspartner. Zwei Gründe waren nach den Worten von Cyrille Blard, bei SNCF verantwortlich für Nachhaltigkeit, ausschlaggebend: Mit der durch eine regionale Kreislaufwirtschaft gesicherten Materialbeschaffung wollte man Unabhängigkeit von geopolitischen Einflüssen wie in der Covid-19-Pandemie oder durch den Ukraine-Krieg erreichen.

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CO2-Emission Recyclingtechnik
SNCF Résau setzt auf grüne Schienen von Saarstahl Rail. Foto:SNCF Résau/Yan

"So können wir steuern, dass aus alten maßgeschneiderten Materialien neue hergestellt werden, was einen Gewinn an beiden Seiten des Lebenszyklus bedeutet." Hinzu kam die Vorgabe der französischen Regierung, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 25 % zu senken. "SNCF Réseau hat dieses Ziel bereits im Jahr 2022 mit 34 Prozent weit übertroffen", sagt Cyrille Blard. Er ergänzt: "Die grünen Schienen haben hierzu einen erheblichen Beitrag geleistet!" Im Sommer 2020 produzierte Saarstahl Rail die ersten grünen Schienen. Noch im gleichen Jahr testete SNCF Réseau als Eigentümer des französischen Eisenbahnnetzes das Produkt. Nachdem Testschienen in Rennes Anfang Dezember den Test und in Cannes die behördliche Zulassung erfolgreich bestanden hatten, lieferte Saarstahl Rail noch im gleichen Monat weitere fast 1000 t grüne Schienen an SNCF.

Der Siebenjahresvertrag

Seit 2020 wurden alle großen Streckenerneuerungsprojekte im französischen Eisenbahnnetz mit grünen Schienen umgesetzt. Im Rahmen eines Siebenjahresvertrags ordert SNCF Réseau jährlich etwa 130.000 t Schienen, das sind umgerechnet mehr als 1000 km Schienenstrecke, bei Saarstahl Rail, im Jahr 2023 waren rund 90 % (125.000 t) davon bereits grüne Schienen. Dadurch konnte der Eisenbahnnetzbetreiber rund 200.000 t CO2-Äquivalente einsparen.

Bis zum Jahr 2030 ist der jährliche Bedarf an Schienen nach dem Mehrjahresplan von SNCF zur Streckenerneuerung konstant, teilt das Unternehmen weiter mit. Saarstahl Rail liefert die gewünschten Chargen mit dem Zug an eine Produktionseinheit von SNCF in Saulon-la-Chapelle. Dort werden die 108 m langen Schienen bis auf 432 m lange Segmente zusammengeschweißt.

Alte Schienen werden projektabhängig direkt auf der Baustelle oder im SNCF-Werk in Saulon-la-Chapelle wieder in 1,5 m lange Segmente zerteilt oder auch in maximal 18 m langen Segmenten einmal pro Monat an das Stahlwerk in Saint-Saulve per Zug transportiert, zerschnitten und dort eingeschmolzen. Diese vertraglich mit Saarstahl Rail vereinbarte Rücknahme und Verwertung von 50.000 t Altschienen pro Jahr (Stand 2023) ist für SNCF auch von entscheidender Bedeutung, um die spezifische chemische Zusammensetzung und die mechanischen Eigenschaften der Schienen zu sichern.

Cyrille Blard betont die Verpflichtung beider Seiten, alles daran zu setzen, gebrauchte Schienen für den Aufbereitungsprozess von grünen Schienen zu nutzen. Aktuell scheitert dies aber noch an zu geringer Verfügbarkeit von gebrauchten Schienen.

Saarstahl Rail und SNCF verbindet eigenen Angaben zufolge eine langjährige Zusammenarbeit, die neben der Lieferung von Schienen auch gemeinsame Forschung und Entwicklung umfasst. "Es gibt ein sehr breites Spektrum an Aktivitäten und regelmäßige Treffen zu technischen und logistischen Fragen", sagt Dominique Chiesura, Kaufmännischer Leiter bei Saarstahl Rail.

Der Erfolg gibt ihm recht, Cyrille Blard betont: "Zu Beginn haben nur wenige Menschen daran geglaubt, dass die grünen Schienen ebenso gut sind wie die bisherigen." Deshalb galt es, intern wie extern viel Überzeugungsarbeit zu leisten, aber: "Wir haben den Beweis erbracht, dass das in den grünen Schienen enthaltene recycelte Material eine gleich hohe Qualität wie das neue Material hat." Für ihn ist dies der Beleg, dass sich die Dinge und damit auch die Denkweise sowie die Art das Netz zu betreiben, geändert haben. So hat sein Team beispielsweise auch nachgewiesen, dass recycelter und wieder aufbereiteter Schotter sogar besser sein kann als neuer Schotter aus dem Steinbruch. "Wir arbeiten außerdem daran, unsere alten Schienen von einer Hochgeschwindigkeitsstrecke auf einer weniger stark frequentierten Strecke mit geringerer Geschwindigkeit einzusetzen, bevor sie tatsächlich das Ende ihrer Lebenszeit erreicht haben und zu Saarstahl Ascoval geschickt werden."

Chancen für einen Anschlussauftrag

Für Saarstahl Rail stehen die Chancen für einen Anschlussauftrag von SNCF Réseau nicht schlecht, wie verschiedene andere in jüngster Zeit erfolgreich gewonnene Ausschreibungen beweisen. So hat das Unternehmen beispielsweise alle bislang ausgeschriebenen Schienen für das Megaprojekt Grand Paris Express (vier neue Metro-Linien) geliefert: 20.000 t grüne Schienen. Sie wurden unter anderem auf der ersten kohlenstoffarmen Metro-Linie von Paris verlegt – der neuen Linie 16, die in einem 26 km langen Bogen den Norden mit dem Osten der Metropole verbindet. Insgesamt umfasst die im Bau befindliche Ringbahn für den Großraum Paris 220 km und verdoppelt damit den Umfang des bestehenden Metronetzes.

Die für den Bau der Netzinfrastruktur zuständige Société du Grand Paris will auf der gesamten Strecke die CO2-Emissionen um 25 %, das heißt um 1 Million Tonnen, reduzieren. Eine Steilvorlage für Dominique Chiesura: "Wir müssen es schaffen, 100 Prozent der neuen Strecken im größten Infrastrukturprojekt in Europa mit grünen Schienen auszustatten!" Auch der belgische Eisenbahnnetzbetreiber Infrabel setzt auf die umweltfreundlichen Schienen: 2800 km grüne Schienen wurden geordert. Auch zum geplanten Wiederaufbau des zerstörten Eisenbahnnetzes im Westen der Ukraine kommen fortan 20.000 t dieser Schienen von Saarstahl Rail zum Einsatz. Außerdem wird grüner Stahl von Saarstahl auch für andere Eisenbahnkomponenten wie Befestigungen oder Spannstahl für Betonschwellen verwendet.

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