Rechteck

Leistungsziel

von: RechtsanwältinGrit Diercks-Oppler
Rechteck Fassaden

Darum geht's: Der Auftraggeber hatte einen Generalunternehmer mit der Erstellung eines Bürogebäudes beauftragt. Das Bürogebäude sollte mit einer Fassade aus emaillierten, thermisch vorgespannten Glasscheiben verkleidet werden, die an die Stahlbetonstützen und Stahlbetonrüstungen befestigt werden sollten. Um sicherzustellen, dass die Glasscheiben nicht reißen, hatten die Parteien vereinbart: "Durch den AN ist nachzuweisen, dass die zur Verwendung kommenden vorgespannten Glasscheiben keine zerstörenden Einschlüsse (z. B. Nickelsulfid) haben. Alle ESG-Scheiben sind einem fremdüberwachten Heißlagerungstest (Heat-Soak-Test) als ESG-H gemäß Bauregelliste zu unterziehen. Die Durchführung des Heat-Soak-Tests ist über eine Werksbescheinigung zu bestätigen. Die Ofenprotokolle müssen für jede einzelne Scheibe nachvollziehbar sein."

Nach der Fertigstellung der Fassade gingen im Verlauf der Jahre immer wieder Glasscheiben zu Bruch. Diese stellten zusätzlich zu den Mängeln eine Gefährdung der Öffentlichkeit dar, da die Bruchstücke in den öffentlichen Straßenraum fielen. Der Auftraggeber forderte den Auftragnehmer auf, die Glasfassade vollständig auszutauschen.

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 08.05.2014) entschied dazu, dass zuerst einmal auszulegen sei, wer das Risiko für die brechenden Glasscheiben zu tragen habe. Dies sei, so der Bundesgerichtshof, durch Auslegung zu ermitteln. Aufgrund der oben zitierten vertraglichen Vereinbarung kam der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Vertragsparteien die Verwendung von Glasscheiben vereinbart hätten, bei denen das Glasbruchrisiko aufgrund eines Nickelsulfid-Einschlusses ausgeschlossen sei. Es sei deshalb für die Frage, ob die eingesetzten Scheiben mangelfrei seien, nicht von Bedeutung, ob derHeat-Soak-Test erfolgreich durchgeführt worden sei oder nicht.

Aufgrund der vorgelegten Sachverständigengutachten kam der Bundesgerichtshof zu der Überzeugung, dass es nicht möglich sei, vollkommen auszuschließen, dass Glasscheiben, auch wenn sie den Heat-Soak-Test bestanden hätten, Nickelsulfid-Einschlüsse enthalten. Für den Bundesgerichtshof stand damit fest, dass der Auftragnehmer sich zu einer unmöglichen Leistung verpflichtet hatte, da Nickelsulfid-Einschlüsse immer das Risiko bergen, dass die Glasscheiben irgendwann reißen.

Die Tatsache, dass der Auftragnehmer sich damit zu einer unmöglichen Leistung verpflichtet hatte, führte dazu, dass der Auftraggeber seinen Erfüllungsanspruch ebenso wie den Nacherfüllungsanspruch, das Recht zur Selbstvornahme und das Recht auf Vorschuss verlor.

Unabhängig davon steht dem Auftraggeber aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weiterhin ein Schadensersatzanspruch zu. Von einem Verschulden wird der Auftragnehmer nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes nur dann frei, wenn er nicht wusste, dass auch nach dem Heat-Soak-Test das Risiko von Nickelsulfid-Einschlüssen bestand und dem Auftragnehmer zusätzlich nicht vorgeworfen werden könne, dass er dieses Risiko hätte kennen müssen.

Folgen für die Praxis: In der Praxis werden in der Regel Leistungsverzeichnisse vorgelegt, die sehr detailliert sind. Dennoch lässt sich aus diesen Leistungsverzeichnissen häufig nicht ablesen, was genau das Leistungsziel sein soll. Der Bundesgerichtshof stellt bei der Frage, ob ein Mangel vorliegt oder nicht, zunehmend auf das von den Vertragsparteien vereinbarte Leistungsziel ab. Es ist deshalb ratsam, bei den einzelnen Leistungen juristisch in Textform festzulegen, welcher Leistungserfolg konkret erreicht werden soll.

Kanzlei: Böck Oppler Hering

Rechtsanwälte Partnerschaft München

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