Wacker Neuson

Ganze Bestände werden ausgetauscht

Axel Fischer, Geschäftsführer von Wacker Neuson Deutschland und verantwortlich für alle europäischen Direktvertriebsmärkte, erläutert im Interview mit ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Fajga, wie der traditionsreiche Hersteller sich für die Zukunft aufstellt, und was er als die größten aktuellen Herausforderungen ansieht.
Wacker Neuson Unternehmen
Axel Fischer ist Geschäftsführer von Wacker Neuson Deutschland und verantwortlich für alle europäischen Direktvertriebsmärkte. Foto: Wacker Neuson

ABZ: Herr Fischer, die Klimaschutzdebatte mit neuen Gesetzesvorgaben und der Einbruch im Wohnungsbaumarkt betreffen auch Baumaschinenhersteller. Wie würden sie die aktuellen Marktbedingungen in Mittel- und Zentraleuropa charakterisieren?

Fischer: Wir finden momentan sehr unterschiedliche Marktbedingungen quer durch Europa. Es gibt Länder, in denen der Bau gezielt gefördert wird und in denen parallel auch Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden. Also Länder wie die Niederlande oder Belgien. Auch in Osteuropa wird dort sehr viel investiert. Speziell Deutschland und Österreich hängen im Moment hinterher. Der private Hochbau beispielsweise ist durch diese unglückliche Verkettung von hohen Baukosten und hohen Zinsen fast zum Erliegen gekommen. Aktuelle Projekte laufen noch, aber neue Projekte laufen schleppender an. Investoren sagen, dass sich der Bau von Mietwohnungen und Miethäusern eigentlich gar nicht mehr lohnt, weil Mieten astronomische Höhen erreichen müssten. Was wir wirklich vermissen, sind hier klare Richtungsvorgaben und Impulse von der Bundesregierung.

ABZ: Zur und nach der bauma stellte sich die Situation bei Wacker Neuson so dar, dass hohe Auftragsbestände abzuarbeiten waren, die sich auf Grund von Lieferkettenproblemen aufgestaut hatten. Wie würden Sie die aktuelle Situation skizzieren?

Fischer: Speziell der Deutsche Markt hat sich relativ schnell gedreht. Kunden sind momentan verunsichert und bei Neuinvestitionen deutlich vorsichtiger geworden. Die Lage ist nicht schlecht, aber die Stimmung ist je nach Branche unterschiedlich. Wir haben die zurückliegende Zeit tatsächlich genutzt, unseren extrem hohen Auftragsbestand abzuarbeiten. Wir sind jetzt wieder auf einem gesunden Level angekommen, mit normalen Lieferzeiten. Im Auftragseingang spüren wir schon, dass alle unsere Wettbewerber jetzt auch lieferfähig sind. Alle haben ihre Lieferketten in Ordnung gebracht und die Höfe ihrer Händler und Vertriebsorganisationen gefüllt. Was uns hilft ist unser umfassendes Angebotsportfolio. So können wir der Unsicherheit unserer Kunden mit Angeboten aus der Miete oder der Finanzierung begegnen und ihnen damit ein großes Stück Risiko nehmen.

ABZ: Wacker Neuson beging jüngst das 175-jährige Firmenjubiläum. Welche Ziele haben sie sich für die kommenden zwei bis fünf Jahre gesteckt?

Fischer: Wir wollen die zentraleuropäischen Direktvertriebsmärkte, die von mir verantwortet werden, stärken und weiter wachsen. Das Jubiläum gibt uns da einen sehr guten Anlass, auf unsere Tradition hinzuweisen. Uns gibt's schon sehr lange, und es wird uns auch hoffentlich in175 Jahren noch geben. Wichtig ist uns dabei herauszustellen, dass wir in diesen vielen Jahren immer bewiesen haben, dass wir ein verlässlicher Partner für unsere Kunden sind, als Lösungsanbieter. Wir wollen unsere Rolle hier auch weiter ausbauen vom Maschinenverkäufer hin zum Lösungsanbieter, der den Kunden über die Miete, über den Service, über individuelle Lösungen die Herausforderungen abnimmt, funktionierende Maschinen auf der Baustelle zu haben. Das wollen wir weiter ausbauen und wir sehen da in allen Märkten noch gutes Potenzial, auch wenn 2024 vielleicht ein bisschen ruhiger wird. Das kommende Jahr wird ein Stückweit Konsolidierung bedeuten, aber mittelfristig sehen wir hier deutliche Wachstumsmöglichkeiten.

ABZ: Wacker Neuson hat jüngst seine "Strategy 2030" vorgestellt. Wohin führt der Weg

Fischer: Wir haben diese Strategie erst vor wenigen Wochen kommuniziert. Im Grundsatz ist die Strategie ein klares Statement in Richtung nachhaltigem Wachstum. Um dieses zu erreichen, wurden zehn strategische Hebel definiert, die zur Erreichung der Zahlen umgesetzt werden müssen. In meinem Verantwortungsbereich wird der Fokus auf einem neuen Dienstleistungsbereich liegen, da müssen wir noch über verschiedene neue Geschäftsmodelle diskutieren. Einen zentralen Platz nimmt in unseren Gedanken auch immer der Einfluss von Emission auf unser Geschäft ein. Wir sind Vorreiter mit zero-emission-Lösungen und dieses Geschäftsfeld werden wir massiv ausbauen – auch mit Lösungen rund um die Maschinen.

ABZ: Zur bauma 2022 hatten Sie neben Lieferkettenproblemen auch Kostensteigerungen angesprochen. Konnten diese Probleme alle gelöst werden?

Fischer: Nicht alle. Auf der Beschaffungsseite gibt es natürlich Komponenten, die langfristige Verträge haben. Da sehen wir bei dem einen oder anderen Teil schon wieder ein sich stabilisierendes Preisniveau. Und auch deutliche Kostensenkungen bei der Energieversorgung mit Strom und Gas, was für uns als Vertriebsgesellschaft auch wichtig ist. Trotzdem verbessert sich die Liefersituation nur langsam. Wir hätten es gerne etwas schneller.

ABZ: Beim Thema zero emission zählt Wacker Neuson zu den Vorreitern. Wie hat sich die Nachfrage nach Geräten mit alternativen Antrieben seither verändert?

Fischer: Wir sehen deutliche Wachstumsraten im Bereich der elektrischen Baumaschinen und -geräte. Und wir sehen in einigen Ländern dass politischer Druck dazu führt, dass sich das Thema immer mehr durchsetzt – Stichwort Niederlande, da ist es ganz deutlich. Aber auch in Deutschland bei großen Kunden, die eine eigene Nachhaltigkeitsagenda verfolgen stellen wir fest, dass sukzessive Geräte ausgetauscht werden. Vom Verbrenner zu Elektro. Im Bereich der Bodenverdichtung sind große Kunden dabei ganze Bestände auszutauschen. Im Bereich Bagger und Radlader ist das noch nicht so, was aber auch mit den unterschiedlichen Ladesystemen zu tun hat. Aber wir sehen eindeutig einen Trend, die Wachstumsraten sind sehr gut.

ABZ: In Deutschland hat das Thema durch Klimavorgaben der Bundesregierung und das Gebäudeenergiegesetz – oder besser Heizungsgesetz Nährboden bekommen. Vermuten Sie, dass öffentliche Auftraggeber sich nun schneller in der Pflicht sehen könnten, Emissionsstandards in Ausschreibungen zu berücksichtigen?

Fischer: Nein, da ist der private Sektor weiter. Google hat jetzt zum Beispiel eine große Baustelle in München, die komplett emissionfrei aufgebaut ist, weil der Auftraggeber das so vorgibt. Die öffentliche Hand, ist da noch sehr, sehr zurückhaltend. Das passt auch zur Thematik Elektrofahrzeuge, wo Autofahrer ermutigt werden, E-Fahrzeuge zu kaufen, obwohl gleichzeitig Förderungen immer weiter zurückgefahren werden.

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Anlässlich seines 175-jährigen Firmenjubilaums präsentierte Wacker Neuson jüngst den Mobilbagger EW100, bei dessen Entwicklung das Thema "Baustelle 4.0" im Fokus stand, also die Schnittstellen für digitale Anwendungen. Foto: Kai-Werner Fajga

ABZ: Beim Thema Austauschbarkeit von Energieträgern hat Wacker Neuson selbst für eine Beschleunigung gesorgt, indem Partnerschaften mit anderen Unternehmen – auch Wettbewerbern – geschlossen wurden.

Fischer: Ja, Battery One ist eine private Initiative, in der wir unsere Batterie anderen Herstellern anbieten, um dem Kunden einen Mehrwert – nämlich eine Standard-Batterie – auf der Baustelle zu schaffen. Das hilft für die Durchsetzung absolut, gleichzeitig ist es von öffentlichen Förderungen oder politischen Impulsen unabhängig.

ABZ: Verfolgt Wacker Neuson auch andere alternative Antriebstechnologien?

Fischer: Ja, wir arbeiten uns quasi je nach Größenklasse von unten nach oben. Sie haben gerade schon die Baugeräte angesprochen. Da haben wir eine wirklich durchgängige Lösung, haben hier auch mit unseren Marktbegleitern gemeinsam Standard geschaffen, und hier sehen wir auch bei den Kunden die Bereitschaft, großflächig vom Verbrenner umzusteigen. Da reden wir nicht nur von einzelnen Geräten, sondern von ganzen Baukolonnen, die umgestellt werden. Da sind die Kunden auch gerne bereit, zu investieren und Akku-Technologie ist hier der Standard. Bei den nächstgrößeren Geräten wie Baggern und Radladern, ist die Zurückhaltung noch etwas größer. Das decken wir über unsere Mietflotte ab. Wir verstehen, wenn Kunden Vorbehalte gegenüber der Lebensdauer neuer Technologien haben – und zudem gegenüber den verschiedenen Lade-Standards, die es noch gibt. Da wird unsere Mietflotte zur Überbrückung sehr gut angenommen. Wir bringen jetzt einen neuen Radlader und größeren Bagger, so dass für den Innenstadtbereich eine komplette Range akkubasiert abgedeckt werden kann. Bei größeren Gewichtsklassen untersuchen wir mehrere Optionen, da Akku-Technik dann auch an Grenzen stößt.

ABZ: Wie kommt der Strom auf die Baustelle, wenn sie eine Flotte betreiben?

Fischer: Das ist tatsächlich die größte Herausforderung und unser Stichwort als Lösungsanbieter. Wir haben jüngst unser gesamtes Ökosystem an Lösungen vorgestellt, das der Philosophie folgt, dass wir nicht nur Geräte verkaufen, sondern komplette Lösungen anbieten wollen. Da ist das Thema Stromversorgung sehr wichtig für uns. Auch hier gibt es nicht den einen Weg. Wir bieten heute beispielsweise schon die "Charging Box" an, das ist im Prinzip wie eine große Powerbank, die man auf der Baustelle nutzen kann – und die halt zum Nachladen wieder mit Strom versorgt werden muss. Hier ist man natürlich auch darauf angewiesen, dass der Strom zum Nachladen möglichst grün ist. Das kann man heute nicht immer sicherstellen in Deutschland. Wir untersuchen daneben aber auch Möglichkeiten mit Kooperationspartnern. Also es geht etwa um Brennstoffzellen, die man auf die Baustelle stellen kann. Wir sprechen auch mit Anbietern von Generatoren, die damit laufen, so dass die Baustelle CO2-neutral bleibt. Da gibt's den einen Königsweg noch nicht. Aber Kunden haben definitiv die Erwartung, dass wir den Strom mit den Geräten mitliefern.

ABZ: Wacker Neuson stellte zum Jubiläum viele neue Geräte und Maschinen vor. Was sind aus Ihrer Sicht die Highlights unter den Neuvorstellungen?

Fischer: Unser Flaggschiff ist der EW100, unser neuer Mobilbagger, den wir schon zur bauma vorgestellt hatten, und der jetzt in den Markt eingeführt wird. Ein absoluter Quantensprung, ist dort die Technologie in Richtung Anbaugeräte – die Maschine ist da wirklich ein Vorreitermodell für uns, Stichwort MIC 4.0. Zudem haben wir einen neuen Stampfer mit Viertaktmotor vorgestellt und auch unsere neuen zero-emission-Modelle, beispielsweise den Teleskoplader TH412e. Wir haben auch eine Menge digitalisierte Modelle vorgestellt, die zeigen, dass wir unsere Geschäftsmodelle auch in Richtung Digitalisierung ausweiten. Ein gutes Beispiel dafür sind die Smart Glasses, für die Unterstützung von Servicetechnikern auf der Baustelle.

ABZ: Klimaneutralität oder die Verringerung des CO2-Fußabdruck bleibt in der öffentlichen Diskussion präsent. Welche Strategie verfolgt Wacker als Hersteller bezüglich der Verringerung des eigenen CO2-Fußabdrucks?

Fischer: Die Themen Nachhaltigkeit und CO2-Minderung sind uns extrem wichtig. Auf Konzernebene kümmern sich einige Mitarbeiter speziell um dieses Thema, so dass wir es über unsere komplette Wertschöpfungskette abdecken können – mit vielen Maßnahmen. Wir schauen uns einerseits unsere Niederlassungen an, Stichwort Heizung, Beleuchtung – und fragen uns, was wir hier tun können. Wir installieren nicht nur Photovoltaikanlagen auf den Hallendächern unserer Werke, sondern rüsten auch unsere Lackieranlagen von elektrischer auf hybride Heiztechnik um und erneuern unsere Firmen-Fahrzeugflotte. Wir setzen auch viele kleinere Maßnahmen um, die einfach helfen sollen, Energie zu sparen, oder auch eigene Energie zu erzeugen. Und überall da, wo wir heute noch keine elektrische Maschine für Kunden anbieten können, wollen wir auch die Verbrenner noch optimieren. Wir sind als Vertriebsgesellschaft in Deutschland gefordert, hier unseren Beitrag zu leisten, etwa in der Beratung. Wir bauen dafür Kompetenzzentren innerhalb unseres Vertriebsnetzes auf. Die Zentren zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie eine komplette zero-emission-Mietflotte für Kunden vorhalten.

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