Edelstahl Rostfrei im Brückenbau

Keine Kompromisse bei Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit

Düsseldorf (ABZ). – Hohes Aufkommen von Auto- oder Zugverkehr, Vibrationen, Windlast, Eis, Tausalz, salzhaltige Luft in Küstengebieten sowie Schwefeldioxid-Emissionen von Industrie und Autoverkehr kennzeichnen das Bedrohungsspektrum, dem Brücken ihr Leben lang in unterschiedlicher Intensität ausgesetzt sind. Für die langfristige Integrität dieser Bauwerke sind deshalb hohe Festigkeit der eingesetzten Werkstoffe und überlegene Korrosionsbeständigkeit der Konstruktion entscheidend.
Materialeffizienz Architektur
Für alle Stahlteile der legendären Helix Bridge in Singapur wurde der ferritisch-austenitische Duplexstahl 1.4462 verwendet. Foto: WZV/L.Tusch

Edelstahl Rostfrei und dabei vor allem nichtrostende Duplex-Stähle gehen dem WZV zufolge bei Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit keine Kompromisse ein. Im Vergleich der Herstellungskosten schneidet nichtrostender Stahl zunächst schlechter als herkömmlicher Baustahl ab. In der Lebenszeitbetrachtung jedoch, versichert der Verband, ist eine Brückenkonstruktion mit Edelstahl nicht nur langlebiger, sondern auch deutlich kostengünstiger. Während andere Materialien häufige Wartung, regelmäßige Schutzanstriche und Reparaturen erfordern, bewahren nichtrostende Stähle ihre Unversehrtheit ohne oder nur mit geringem Wartungsaufwand über die gesamte Lebensdauer. In der Gesamtbetrachtung sollen sie deshalb die eindeutig nachhaltigere und wirtschaftlichere Option sein. Duplex-Edelstähle ermöglichen durch ihre besonders hohe Festigkeit und Duktilität zudem schlankere Konstruktionen mit weniger Materialeinsatz und folglich auch weniger Gewicht, heißt es seitens des Verbandes. Weniger Materialeinsatz geht einher mit Einsparungen bei Kosten, Montagezeit, Transportvolumen und mehr Schonung der Umwelt.

Zukunftsweisende Brückenbeispiele, für deren Konstruktion Edelstahl eingesetzt wurde, gibt es auf der ganzen Welt, betont der WZV. Ob für Fußgänger, Radfahrer, Autos oder Eisenbahn: Die guten Umform- und die Schweißeigenschaften nichtrostender Stähle sollen nahezu grenzenlose Gestaltungsmöglichkeiten und mehr als 100-Jahres-Lebensdauer erschließen. Legendär ist die Helix Bridge in Singapur, deren Formgebung als Doppelhelix zu einem Wahrzeichen des tropischen Stadtstaats wurde. Für alle Stahlteile wie Deckbalken, Ringelemente und Tragwerkverbindungen wurde der ferritisch-austenitische Duplex-Stahl 1.4462 verwendet. Er gewährleistet laut WZV in dem aggressiven Meeresklima der Marina Bay die dauerhafte Korrosionsbeständigkeit der aufwendigen Konstruktion. Bei diesem Edelstahl trägt neben dem hohen Chromgehalt von mehr als 21,5 % auch ein Legierungsanteil von 2,5 bis 3,5 % Molybdän entscheidend zu der hohen Beständigkeit gegen Spalt- und Lochkorrosion bei, erläutert der Warenzeichenverband.

Attraktiv fürs Auge

Die 285 m lange BP-Fußgängerbrücke in Chicago ist eine Trägerbrücke aus Stahl, Stahlbeton und Holz und ein Entwurf von Frank Gehry. Ihr Design korrespondiert mit dem ebenfalls von Gehry entworfenen Jay Pritzker Pavilon in der Nähe. Die Brücke überspannt die mehrspurige Durchgangsstraße Columbus Drive und verbindet dabei schlangenförmig den Maggie Daley Park mit dem Millennium Park. Für die hüfthohen Brüstungen entwarf Gehry statt Geländern eine skulpturale Verkleidung mit gebürsteten Edelstahlpaneelen.

Unweit davon lenkt der von dem italienischen Architekten Renzo Piano entworfene Nichols Bridgeway die Blicke auf sich, der den Millennium Park mit dem Museum Art Institute of Chicago verbindet. Der Querschnitt dieser 195 m langen Fußgängerbrücke soll an den Rumpf einer Rennjacht erinnern. Eine Brüstung mit einer Füllung aus Edelstahlgewebe flankiert den Steg auf ganzer Länge. Die Lilla Lidingöbron-Brücke ist eine der längsten Brücken Schwedens und verbindet die Insel Lidingö mit der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Das britische Architekturbüro Knight Architects entwarf die 750 m lange und 16 m breite Spannbetonbrücke mit 16 Brückenpfeilern als Ersatz für eine fast 100 Jahre alte Fußgängerbrücke. Der Architektenentwurf kombiniert den Übergang für Fußgänger, Radfahrer und Motorroller mit zwei Gleisen für den Straßenbahnverkehr. Die Brüstung verbindet Holz mit einer Füllung aus Edelstahlgewebe.

Eine komplette Hülle aus einem Spiralgewebe ummantelt die 250 m lange Pasarela del Arganzuela im Manzanares Park in Madrid. Die von Dominique Perrault entworfene glänzenden Helix ist eine zweiteilige selbsttragende Stahlkonstruktion als Überweg für Fußgänger und Radfahrer. Die scheinbar mit leichter Hand geschlungene Hülle aus 4500 m² Edelstahlgewebe bietet sicheren Schutz vor Sonne, Wind und Regen, berichtet der WZV. Zugleich erlaubt sie die ungehinderte Sicht nach außen und den Einfall von Tageslicht.

Weltweit sind Hängebrücken in schwindelerregender Höhe Touristenmagneten. In Deutschland lockt der Skywalk Willingen im Sauerland als längste Hängebrücke der Nation und zweitlängste freitragende Hängebrücke der Welt zu einem 665 m langen Spaziergang in 100 m Höhe über einen Gitterrost.

Grenzen mit Aussicht

Ein engmaschiges Edelstahlnetz, das an beiden Seiten des Übergangs vom Boden bis zum Handlauf gespannt ist, erlaubt dabei ungehinderten Ausblick auf die Umgebung mit der weltberühmten Mühlenkopfschanze. Die 458 m lange, frei hängende Fußgängerseilbrücke Titan-RT im Oberharz am Brocken überquert das Bode-Staubecken. Vier Haupttragseile mit jeweils 65 mm Durchmesser bilden ihr Rückgrat, zwei zusätzliche Stabilisierungsseile sorgen dafür, dass die Brücke auch bei stärkerem Wind nicht über Gebühr schwankt. Der 120 cm breite Gitterrostlaufsteg wird auf ganzer Länge von einem 130 cm hohen Geländer mit einer Füllung aus Edelstahlnetz begrenzt. Komplett aus Edelstahl und ebenfalls mit einer Geländerfüllung aus Edelstahlnetz besteht die Blackforestline, eine Hängebrücke bei Todtnau im Hochschwarzwald. 450 m lang und 120 m hoch über Grund gewährt sie einen spektakulären Blick auf die Wasserfälle von Todtnau.

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Die scheinbar mit leichter Hand geschlungene Gewebehülle aus Edelstahl Rostfrei bietet der Pasarela del Arganzuela sicheren Schutz vor Sonne, Wind und Regen. Foto: A. Bittis

In Amsterdam steht sogar die weltweit erste Brücke, die komplett aus Edelstahl durch einen 3D-Drucker entstand. Sie überspannt die Oudezijds Achterburgwal, eine der ältesten und berühmtesten Grachten im Zentrum der Stadt. Ein Industrieroboter baute die 6,3 m breite und 12 m lange Brücke aus 4,9 t Edelstahlpulver Schicht um Schicht auf.

Korrosionsschutz im Verborgenen

Edelstahl sorgt aber auch im Verborgenen bei herausragenden Konstruktionen von Fußgängerbrücken für Sicherheit und besondere Zuverlässigkeit, versichert WZV. Beispielhaft dafür stehe die Gateshead Millennium Brücke in Großbritannien, die als kombinierte Fußgänger- und Fahrradbrücke Gateshead mit Newcastle verbindet. Zwei gigantische Bögen verleihen ihr ein unverwechselbares Aussehen.

Ein Bogen überspannt die Brücke in Längsrichtung. Der zweite Bogen dient in horizontaler Position als Deck zur Überquerung. Um Schiffen die Durchfahrt unter der Brücke zu ermöglichen, rotiert die 900 t schwere Brücke um ihre Längsachse. Dann kippen acht Motoren entlang der beiden Auflagepunkte den Bogen mit der Lauffläche um bis zu 45°. In dieser Position des Bogens erinnert die Brücke an ein blinzelndes Auge, was ihr den Spitznamen Blinking Eye einbrachte. Vier Gleitlager tragen die Brücke, auf jeder Flussseite ein festes und ein bewegliches Lager. Edelstahlgehäuse schützen die Gleitlagerbuchsen dauerhaft vor Korrosion.

Die Stillwater-Hubbrücke überquert den St. Croix-River zwischen Stillwater, Minnesota, und Houlton, Wisconsin, USA. Die vierspurige Autobrücke, eine Kombination aus Schrägseil- und Kastenträgerkonstruktion, ersetzt eine alte Brücke aus dem Jahr 1931. Das Betondeck der Brücke wurde mit dem rostfreien Bewehrungsstahl 1.4362 (Lean Duplex) gegen Korrosion geschützt. 6000 t des austenitisch-ferritischen Stahls kamen dabei zum Einsatz.

Die North Avenue Bridge in Chicago, eine Kombination aus selbstverankerter Hänge- und Schrägseilbrücke, wurde anstelle von Felsankern mit Pylonen auf betongefüllten Pfählen bis zu 30 m tief in Fels gegründet. Schrägseile und Pylone der 128 m langen Brücke wurden zum Schutz vor Korrosion mit poliertem Edelstahl ummantelt. Die Brüstungen geben mit Füllungen aus vertikalen Gitterstäben, die mit Bändern aus Edelstahlgewebe durchwoben sind, einen ungehinderten Blick auf die Umgebung frei.

Die Samuel-De-Champlain-Brücke in Montreal, Kanada, ist als Teil der Hauptroute in die Vereinigten Staaten eine der verkehrsreichsten Brücken des Landes. Rund 55 Millionen Fahrzeuge befahren jährlich die 3,4 km lange Doppelschrägseilbrücke, die die alte Champlain-Brücke über den Sankt-Lorenz-Strom ersetzt.

Die häufig erforderliche Enteisung der Straße mit Tausalz kennzeichnet die korrosiven Rahmenbedingungen des Bauwerks, weshalb bei seiner Konstruktion die Korrosionsbeständigkeit der Struktur von besonderer Bedeutung war. Über 15.000 t Duplex-Stahl 1.4362 wurden deshalb in den kritischen Bereichen als Bewehrungsstähle installiert. Außerdem wurden über 10.000 Kopfstangen und Kupplungen aus Edelstahl in dem Brückenfeld eingesetzt. Auch für die Kameragehäuse zur Verkehrsüberwachung mit Scheibenwischer und Reinigungspumpen wählten die verantwortlichen Planer Edelstahl, hier fiel die Wahl auf den säurebeständigen, austenitischen Chrom- Nickel-Molybdänstahl 1.4404.

Ästhetik und Schutz

Brücken bergen stets das Risiko, Ziel von Suizidtätern zu werden. Traurige Berühmtheit erlangte aus diesem Grund die Story Bridge in Brisbane, Australien. Die 1072 m lange, denkmalgeschützte Freischwingerbrücke mit einer Spannweite zwischen den beiden Hauptpfeilern von 282 m zählt zu den bekanntesten Brückenbauwerken in Australien. Um die Sicherheit der Brücke zu verbessern, wurden entlang der beiden Gehwege 3 m hohe Sicherheitsbarrieren aus farbigem Edelstahlgewebe installiert. Für das klettersichere, robuste und ästhetisch durch eine unaufdringliche Optik überzeugende Metallnetz aus Edelstahl 1.4404 sprachen überdies geringes Gewicht sowie kleine Windlast. Mit 550 Kupplungsseilen wurde das Gewebe an 530 Edelstahlpfosten mit variablem Querschnitt in zwei Längen befestigt.

Die Beispiele verdeutlichen das hohe Potenzial und das breite Anwendungsspektrum von nichtrostenden Stählen im Brückenbau. Trotz höherer Herstellungskosten überzeugt Edelstahl Rostfrei in der Betrachtung der Lebenszykluskosten von Planung, Entwurf, Bau über Betrieb, Instandhaltung bis hin zu Rückbau und Recycling als umweltfreundliche und kostengünstigere Wahl für moderne Brücken, betont der WZV.

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