Kabinettsentscheidung zu neuer Gefahrstoffverordnung erntet heftige Kritik

"Ungeheuerlicher Skandal"

Frankfurt am Main (ABZ). – "Die Bundesregierung knickt vor den Eigentümerverbänden und der Wohnungswirtschaft ein und nimmt in Kauf, dass sich tausende Baubeschäftigte mit dem tödlichen Asbest in Gefahr bringen. Das ist ein ungeheuerlicher Skandal", kommentiert Carsten Burckhardt, im Bundesvorstand der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) zuständig für die Baubranche, die jüngste Kabinettsentscheidung zur Novellierung der Gefahrstoffverordnung.
Asbest Gewerkschaften
Blick auf ein Hochhaus nach einer Asbest Sanierung. Die IG Bau befürchtet, dass zukünftig die energetische, familiengerechte Sanierung alter Häuser „auf Kosten der Gesundheit der Handwerksbeschäftigten, und nicht auf Kosten der Immobilienbesitzer" durchgeführt werden. Foto: picture alliance/dpa | Rolf Vennenbern

Danach sollen nicht Bauherren zuständig für die Untersuchung alter Gebäude auf Asbest sein, sondern die Bau- und Handwerksbetriebe selbst.

"Auf Kosten der Gesundheit der Handwerksbeschäftigten, und nicht auf Kosten der Immobilienbesitzer, soll die energetische, familiengerechte und altersgerechte Sanierung von alten Häusern schneller vorangebracht werden. Das muss gestoppt werden", sagte Burckhardt.

"Wer so etwas tut, opfert die Gesundheit genau derjenigen Fachhandwerker, die für die Erreichung der Klimaziele im Gebäudebereich benötigt werden", moniert auch Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK). Handwerksbetriebe und deren Beschäftigte könnten Asbestbelastungen in Gebäuden, in denen Sie arbeiten sollen, nicht vorhersehen, so der Verband. Entsprechende Untersuchungen kann rein rechtlich nur ein Gebäudeeigentümer veranlassen. "Die jetzige Regelung ist insofern so praxisfremd wie unverantwortlich", ergänzt Bramann. Nun sei der Bundesrat gefordert, "einer solchen widersinnigen Verordnung auf keinen Fall zuzustimmen und Änderungen anzugehen".

"Da bricht doch das völlige Chaos aus", klagt Burckhardt an und führt aus: "die Fensterbauer starten eine Untersuchung, und finden nichts, die Fliesenleger werden fündig und die Parkettverleger lassen eine Asbestanalyse erst gar nicht machen. Und jetzt? Steckt in dem alten Haus nun Asbest oder nicht?", fragt er. Da müsse doch eine Gesamtuntersuchung her, und das auf Kosten des Bauherrn – sonst passiere nichts. Die Bau- und Handwerksbetriebe stünden laut IG BAU zudem unter hohem Kostendruck, wer wolle da noch zusätzliche Prüfungskosten verursachen.

Der Gewerkschafter versteht nicht, wie es dazu kommen konnte. An sich waren sich im vorausgegangenem "Asbestdialog" Baugewerbe, Wohnungswirtschaft, Berufsgenossenschaft, Gewerkschaft und Politik einig, dass für vor 1993 erstellte Häuser, von da an galt ein Verbauungsverbot von Asbest, bei einer Sanierung Bauherren für eine umfassende Prüfung auf gefährliche Stoffe verantwortlich sind. "Dahinter steckt wohl die Befürchtung, dass die energetische, familiengerechte oder altersgerechte Sanierung für viele Großimmobilienbesitzer zu teuer wird und sie lieber die Hände davon lassen statt den dringenden Wohnraum zu schaffen."

Die IG BAU hatte nach eigenen Angaben erst im vergangenen Jahr eine Asbest-Charta herausgegeben. Unter anderem wird darin ein Asbest-Gebäudepass sowie ein Asbest-Kataster gefordert. Zudem sollte es Sanierungs- und Abwrack-Prämien für Asbest-Häuser geben. Auch die Arbeitsschutzkontrollen sollten intensiviert werden. "Mit der Gesundheit, und bei Asbest muss man auch sagen mit dem Leben, der Beschäftigten ist nicht zu spaßen. Ich appelliere auch an die Bundesländer, die im Bundesrat diesen Vorstoß noch stoppen können", sagt Burckhardt abschließend.

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Bauingenieur (d/m/w) der Fachgruppe Straßen und..., Buxtehude  ansehen
Sachgebietsleiter:in (w/m/d) Projektentwicklung..., Frankfurt am Main  ansehen
Projektingenieur:in (w/m/d) der Fachrichtung..., Verden  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen