Baurecht
Kein Verbraucherbauvertrag bei gewerkeweiser Vergabe
von: Rechtsanwalt & Notar Johannes JochemDer Entscheidung lag die Klage eines Bauunternehmers gegen Eheleute, die als private Bauherren einen Neubau errichten ließen, zugrunde. Die Eheleute beauftragten den Bauunternehmer mit Innenputz- und Außenputzarbeiten. Nachdem Zahlungen ausblieben, forderte der Bauunternehmer die Stellung einer Bauhandwerkersicherung i.S.d. § 650f BGB. Zu Recht entschied der BGH und legte mit seinem Urteil den bestehenden Streit um die Reichweite des Verbraucherbauvertrags bei.
Nicht jeder Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer über Bauleistungen ist ein Verbraucherbauvertrag. Die Vorschrift des § 650i BGB erfasst nur Verträge, in denen sich der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude, die mit einem Neubau vergleichbar sind, verpflichtet. Seit Inkrafttreten des § 650i BGB war umstritten, ob Verträge über bloße Einzelgewerke Verbraucherbauverträge darstellen können.
Die Entscheidung des BGH ist kritisch zu bewerten, denn der Verbraucherschutz, der Sinn und Zweck der besonderen auf das Baugeschehen zugeschnittenen verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften des Verbraucherbauvertrags ist, wird dadurch verkürzt.
Für eine erweiterte Auslegung des Anwendungsbereichs des § 650i BGB spricht, dass bei Vergabe von Einzelgewerken ebenso das geforderte Ziel, die Errichtung eines neuen Gebäudes erreicht wird. Bei dem Bau ,,aus einer Hand" vergibt der Generalunternehmer die Gewerke in der Regel auch einzeln. Vor allem aber ist der Verbraucher, der die Gewerke einzeln vergibt, nicht weniger schutzwürdig oder sogar schutzwürdiger als bei einer Gesamtvergabe. Der Verbraucher ist, wie bei der Beauftragung eines Generalunternehmers, hohen finanziellen Verpflichtungen und Risiken ausgesetzt und die rechtliche Komplexität nimmt bei Einzelvergaben sogar noch zu. Oftmals kann ein Generalunternehmer nicht alle notwendigen (Bau-) Leistungen erbringen. Allein durch die Herausnahme eines Gewerks hat es der Unternehmer in der Hand die Anwendbarkeit der Schutzvorschriften des Verbraucherbauvertrags zu verhindern, wodurch ein Missbrauchspotenzial entsteht.
Praxishinweis
Die Einordnung, ob ein Bauvertrag einen Verbraucherbauvertrag i.S.d. § 650i BGB oder einen Verbrauchervertrag über Bauleistungen darstellt, auf den die allgemeinen verbraucherrechtlichen Schutzvorschriften Anwendung finden, spielt nicht nur für die Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Stellung einer Bauhandwerkersicherung eine Rolle. Liegt ein Verbraucherbauvertrags vor, so bestehen die besonderen auf den Verbrauchervertrag zugeschnittenen Schutzvorschriften der §§ 650 i ff. BGB. Neben dem Widerrufsrecht bestehen zum Beispiel umfangreiche Baubeschreibungspflichten, den Verbraucher begünstigende Auslegungsregeln, das Erfordernis der Textform, eine Maximalgrenze für Abschlagszahlungen sowie besondere Erstellungs- und Herausgabepflichten von Unterlagen.
----------------------------------------
Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbH, Wiesbaden
ABZ-Stellenmarkt
