Baurecht

Neues Verjährungsrecht für Baumängel im selbstständigen Beweisverfahren

von: Rechtsanwalt & Notar A.D. Prof. Rudolf Jochem
Darum geht es: Die Regelverjährung für Mängel an einem Bauwerk beträgt nach § 634 a Abs. 1 S. 2 BGB bekanntlich fünf Jahre beginnend mit der Abnahme. Diese Regelung gilt auch für Architekten- und Ingenieurleistungen, die im Zusammenhang mit der Erstellung eines Bauwerkes stehen. Ist die VOB/B rechtswirksam vereinbart, so beträgt die Verjährungsfrist gem. § 13 Ziff. 4 Abs. 1 vier Jahre, wenn vertraglich nichts anderes vereinbart wurde. An dieser grundsätzlichen Regelung hat sich nichts geändert. Es bleibt dabei, dass die vereinbarte Verjährungsfrist mit der Abnahme zu laufen beginnt und nach Fristablauf endet.
Rechteck Baurecht
Ein Hinweisschild mit Bundesadler und dem Schriftzug Bundesgerichtshof, aufgenommen vor dem Bundesgerichtshof (BGH), Aufnahme mit Fisheye Objektiv. Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung aus dem Jahr 1993 in bezug auf Verjährungsfristen in einem aktuellen Urteil aufgegeben. Foto: picture alliance/dpa | Uli Deck
Rechteck Baurecht
Das Abfragefenster für Username und «Password» auf einer Internetseite sind auf dem Monitor eines Laptops zu sehen. Auftraggeber sollten prüfen, ob die von Ihnen für die Durchführung der Vergabe ausgewählte Ausschreibungsplattform spezielle Anforderungen vorsieht und in den eigenen Vergabeunterlagen ausreichende Hinweise für die Bedienung vorgesehen sind. Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner

Bei VOB/B-Verträgen führt eine Mängelanzeige vor Ablauf der Verjährungsfrist zur Hemmung der Verjährung, wenn die Mängelanzeige schriftlich mit der Aufforderung an den Unternehmer erfolgt, den Mangel zu beseitigen. Mit Zugang dieses Schreibens beginnt eine zweijährige Verjährungsfrist hierfür.

Ist die VOB nicht vereinbart, so gilt diese Regelung nicht. Es bleibt in diesen Fällen bei den gesetzlichen Regelungen für die Mängelverjährung.

Abhilfe schafft hierfür der Gang zu Gericht und der Zustellung eines Antrags auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens. In sehr komplexen Mängelfällen werden dabei häufig eine Vielzahl unterschiedlicher Mängel geltend gemacht. Nicht selten werden mehrere Sachverständige unterschiedlicher Qualifikationen vom Gericht beschäftigt, diese Mängel zu untersuchen. Hinsichtlich der Verjährung tritt nach § 204 Abs. 1 Ziff. 7 BGB für die gemeldeten Mängel eine Verjährungshemmung ein, die sechs Monate nach Beendigung des Verfahrens endet. Nach Ablauf dieser Hemmungsfrist läuft die nicht verbrauchte Verjährungsfrist weiter; das heißt war die vertraglich vereinbarte Verjährungsfrist mit Zustellung des Antrags auf Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens zu 80 Prozent verbraucht, so läuft der nicht verbrauchte Zeitanteil ab Beendigung des Verfahrens weiter.

Bei umfassenden selbstständigen Beweisverfahren mit vielen Mängelpunkten führte dies dazu, dass das selbstständige Beweisverfahren zu einzelnen Beweispunkten schon beendet worden ist, während andere Beweisthemen gegebenenfalls noch über Jahre hinaus im Verfahren erörtert wurden. Die Frage also lautete: Führt die Beendigung eines einzelnen Beweisthemas bereits zur Beendigung der Verjährung für diesen Mangelpunkt oder kann man abwarten, bis das selbstständige Beweisverfahren nach Klärung aller, auch der allerletzten Mängelpunkte insgesamt im Verfahren beendet ist?

Mit seiner Entscheidung vom 22.06.2023, Az.: VII ZR 881/21, hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung aus dem Jahr 1993 aufgegeben. Seinerzeit hat der BGH festgestellt, dass die Hemmungswirkung auf jeden einzelnen Mangelpunkt beurteilt werden müsse. Mit seiner neuen Entscheidung endet die Hemmung für alle in das Verfahren eingeführten Mängel jedoch insgesamt mit der Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens einheitlich. Die Hemmung damit sechs Monate nach der vollständigen Beendigung des gesamten selbstständigen Beweisverfahrens. Früher musste man deshalb höllisch aufpassen, dass bei langer Verfahrensdauer nicht doch für einzelne Mängel Verjährung eintritt. Das ist vorbei.

Praxishinweis

Diese Entscheidung des BGH zeigt, dass es sehr sinnvoll sein kann, alle streitigen Mängel in einem selbstständigen Beweisverfahren zu klären. Es sind für die Mängel keine einzelnen Fristen nachzuhalten. Es kann das Ende des Verfahrens insgesamt abgewartet werden.

Aber: Verjährung droht dennoch, wenn der erst spät erkannte Mangel erst nach Ablauf der vertraglichen Verjährungsfrist in das Verfahren einbezogen wird. Dann kommt die gesetzliche Verjährungshemmung zu spät.

Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbH, Wiesbaden

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Seilbaggerfahrer (m/w/d), Jettingen-Scheppach  ansehen
Projektleitung (m/w/d) , Heilbronn  ansehen
Gerüstbauer – auch als Quereinsteiger , Ochtendung  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Autor

Rechtsanwalt & Notar A.D. Prof. Rudolf Jochem

RJ Anwälte, Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbB

RJ-Anwälte ist eine überregional tätige Rechtsanwaltskanzlei mit Notariat spezialisiert auf Fragen des Bau- und Immobilienrechts.

https://www.rj-anwaelte.de

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen