Sicherheit für den Schiffsverkehr
Schalungssonderkonstruktionen helfen bei der Instandsetzung von Wehrpfeilern
Viereth (ABZ). – Die älteste Wehranlage am Main wird instandgesetzt und für die nächsten 80 Jahre "fit" gemacht. Um den Schiffsverkehr und die Hochwasserabfuhr nicht zu beeinträchtigen, werden die zwei bestehenden Wehrfelder nacheinander modernisiert – mit Wandschalungs-, Sicherheits- und Klettertechnik, Sonderkonstruktionen und BIM-Planung von Meva.
Der 527 km lange Main ist bedeutend für die süddeutsche Binnenschifffahrt. Das Wassergefälle des Flusses, vom Ursprung im fränkischen Kulmbach bis zur Rheinmündung in Mainz, wird von 34 Staustufen mit 100 beweglichen Wehrverschlüssen geregelt. Die älteste Anlage in Viereth bei Bamberg ist bereits seit 1925 in Betrieb. In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Schäden und Verschleiß an Walzenverschlüssen und Zahnschienen festgestellt. Jetzt besteht an der alten Wehranlage Handlungsbedarf. Seit 2014 laufen die Arbeiten für die umfangreiche Grundinstandsetzung im Auftrag des Wasserstraßen-Neubauamts (WNA) Aschaffenburg. 2021 wird das Wehr wieder für eine weitere Betriebsdauer von 80 bis 100 Jahren bereit sein.
Für die Schalungsarbeiten an den Herzstücken des Wehrs – den drei Wehrpfeilern – vertraut die Johann Bunte Bauunternehmung auf Schalungssysteme, Sonderkonstruktionen und BIM-Planung von Meva. Das Wehr muss während der gesamten Umbauzeit die Wasserstände am oberen Main für die Schifffahrt regeln und für die Hochwasserabfuhr ohne Einschränkungen zur Verfügung stehen. Deshalb kann nur in den abflussärmeren Monaten von Mai bis Oktober und jeweils nur an einem der beiden nebeneinanderliegenden, je 30 m breiten Wehrfelder gearbeitet werden. Die gewaltigen Drucksegmente mit aufgesetzter Fischbauchklappe stauen das Wasser auf eine Höhe von 6 m. Eingefasst sind die beiden Verschlüsse in zwei äußeren Wehrpfeilern und einem Mittelpfeiler. Die Drucksegmente werden hydraulisch in halbkreisförmigen Führungen in den Wehrpfeilern bewegt und sind in starken Achsen verankert. Die Pfeiler müssen an die neue Geometrie des Verschlusses angepasst werden. Die Betonage dieser Führungsgeometrie und die Integration der Drehlagerungen in den Wehrpfeilern sind große Herausforderungen und verlangen nach speziell konstruierten Holzelementen.
Hier kommt die BIM-Planung ins Spiel: Auf Basis von 2D-Plänen wurde ein 3D-Modell visualisiert, das die Konstruktion der Holzelementeinlagen sowie die Planungen und Kommunikation mit dem Kunden erleichterte. Zunächst wurde die Baugrube trockengelegt, die Basis betoniert und Kies aufgeschüttet. Im April 2019 hob ein 500-Tonnen-Mobilkran die alte Wehrwalze und Wehrsteg aus. Im Mehrschichtbetrieb wurde gegen die Zeit gearbeitet. Die Pfeileroberflächen mussten abgebrochen und neu modelliert werden. Für die einhäuptige Schalung der insgesamt bis zu 14,4 m hohen Wände wurden 160 m² des leistungsstarken Wandschalungssystems Mammut 350 verwendet. Stützböcke STB mit Aufsätzen sicherten die Betonage in zwei Takten auf zunächst 12,4 m Höhe. Anschließend folgte eine nicht weniger herausfordernde Etappe: der obere Abschnitt der Wehrpfeiler. Für die unkonventionellen Ausformungen der Auskragungen mussten komplexe Holzelementeinlagen in die Schalung integriert werden. Durch digitale Revit-Unterstützung konnte dabei der Schalhautverschnitt und der Aufwand für den Sonderkonstruktionsbau minimiert werden.
An der Auskragung wurde das Klettergerüst KLK jeweils in einbetonierte Konen des vorigen Bauabschnitts eingehängt. Auf die aus Wandschalung und Arbeitsgerüst bestehende Klettereinheit wurde das modulare Traggerüst MEP montiert und mit Gerüstrohren ausgesteift. So konnte sowohl in der Höhe wie auch im darunterliegenden Raum sicher weitergearbeitet werden. Aufgrund hoher Betonlasteinwirkungen mussten die H20-Holzträger teilweise von Stahlträgern ersetzt werden. Die Arbeiter verfügten mit dem Klettergerüst KLK über eine optimale, 2,3 m tiefe Bühne für ihren Einsatz.
Im Oktober 2019 wurde der erste Höhepunkt auf dieser Baustelle gefeiert: Der 140 t schwere Wehrverschluss aus Stahl, 30 m lang und mit einem Durchmesser von 5,3 m, wurde aus dem Emsland über den Rhein und Main nach Viereth verschifft und von zwei 500-Tonnen-Mobilkranen in "Zentimeterarbeit" in die neue Betonführung und Drehachse von Kraftwerks- und Mittelpfeiler geführt. Nach den Anschlussarbeiten und dem Probebetrieb stand ab Weihnachten 2019 das rechte Wehrfeld wieder für die Wasserabfuhr bereit. Seit März wird nun auch am linken Wehrfeld unter Hochdruck gearbeitet. Hier zahlt sich für den Bauunternehmer die Erfahrung von Meva im Bereich Sonderkonstruktionen aus: Um die Kosten zu reduzieren, wurden die Holzelemente im Vorjahr so modelliert, dass sie nach dem ersten Bauabschnitt nun auch bei der Instandsetzung des zweiten Wehrfelds wiederverwendet werden können. Pro Pfeilerseite wurden insgesamt rund 30 Holzelemente mit einer maximalen Größe von 6,8 x 2 m erstellt. Die Einweihung des komplett rundum erneuerten Wehrs ist für Ende dieses Jahres geplant.