Bundeshaushalt 2024 beschlossen

Zusätzliches Geld für den Wohnungsbau

von: Ulrich Steinkohl, Theresa Münch, Andreas Hoenig, Valeria Nickel und Kai-Werner Fajga
Berlin (dpa/ABZ). – Der Bundeshaushalt 2024 hätte schon im vergangenen Dezember beschlossen werden sollen. Jetzt steht er tatsächlich. Doch eine Frage bleibt: Wie lange wird eine zentrale Komponente Bestand haben?
Wohnungspolitik
Felix Pakleppa (Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. l.) bewertet das zusätzliche Geld für den Wohnungsbau als kleinen „Hoffnungsschimmer für Bauwillige und Branche“. Tim-Oliver Müller (Hauptgeschäftsführer im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie) begrüßt die Entscheidung des Haushaltsausschuss des Bundestags, eine Milliarde Euro zusätzlich für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Fotos: ZDB/HDB

Unter hohem Spardruck und nach wochenlangem Ringen hat die Ampel-Koalition den Bundeshaushalt für das laufende Jahr auf den Weg gebracht. Der Haushaltsausschuss des Bundestags beschloss vor Kurzem einen Etat mit Ausgaben von 476,8 Milliarden Euro und neuen Krediten in Höhe von rund 39 Milliarden. Die Schuldenbremse soll damit nach jahrelangen Ausnahmen wieder voll greifen. Die Ampel-Fraktionen machten danach aber deutlich, dass sie unter Umständen doch noch ausgesetzt werden könnte. Die Investitionen sind mit rund 70,5 Milliarden Euro ausgewiesen.

Der Spardruck wurde zuletzt gemildert, weil Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gemessen am ursprünglichen Entwurf mehr Mittel in Milliardenhöhe aus der Rücklage einsetzen konnte und die wirtschaftliche Entwicklung eine höhere Neuverschuldung zuließ. Die Union kritisierte das Zahlenwerk als Stückwerk, das falsche Prioritäten setze. Die AfD erklärte den Entwurf sogar für verfassungswidrig. Aus Sicht der Linken ist er unsozial.

Neu priorisieren und umschichten

"Wir haben gestern im Haushaltsausschuss einen verfassungskonformen Haushalt beschlossen", sagte dagegen der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dennis Rohde, in der Bundespressekonferenz in Berlin. An vielen Stellen habe man neu priorisieren und umschichten müssen. Die "wesentlichen Meilensteine" des ersten Haushaltsentwurfs seien aber erhalten geblieben. Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler sprach von "schmerzhaften Einsparungen". Einige zunächst angedachte Kürzungen fallen allerdings kleiner aus, oder es wurde ganz darauf verzichtet. Der Etatentwurf geht nun in die parlamentarische Beratung. Bundestag und Bundesrat sollen Anfang Februar endgültig darüber entscheiden.

Dass der Bundeshaushalt für das laufende Jahr nicht schon längst in trockenen Tüchern war, liegt an einem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts Mitte November. Die Folge: Im Haushalt sowie im Fonds für Investitionen in Klimaschutz und den Umbau der Wirtschaft mussten Milliardenlöcher gestopft werden.

Darüber verhandelten die Spitzen von SPD, Grünen und FDP wochenlang – und sie trafen heftig umstrittene Sparentscheidungen. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich auf teurere Flüge und höhere Preise beim Tanken und Heizen einstellen. Die Ticketsteuer für Passagierflüge sowie der CO2-Preis auf Heizöl, Gas und Sprit sollen steigen und mehr Geld in die Staatskasse bringen.

Wegen der geplanten schrittweisen Abschaffung von Steuerentlastungen beim Agrardiesel gehen bundesweit seit Wochen Landwirte auf die Straßen. Trotz der Proteste rückte die Ampel-Koalition von diesen Plänen nicht mehr ab. Auf noch weiter gehende Pläne hatte sie allerdings zuvor schnell wieder verzichtet. Damit geben sich die Landwirte aber nicht zufrieden. Bauernpräsident Joachim Rukwied drohte bereits mit neuen weitreichenden Protesten ab Montag. Die bisherigen Proteste seien das "Vorbeben" gewesen, warnte er.

Neue Vereinbarungen

Neu vereinbart wurde ein Förderprogramm für den Bausektor mit einem Volumen von einer Milliarde Euro, das den Bau kleiner und bezahlbarer Wohnungen unterstützen soll, wie sie etwa Alleinerziehende und Senioren benötigen. Das Programm ist bis 2034 gestreckt. Die Förderung soll in Form einer Zinsverbilligung erfolgen. Die Mieten sollen im unteren Drittel des Mietspiegels liegen.

"Gute Signale in Krisenzeiten sind hoffentlich doppelt wirksam – Bundesbauministerin Klara Geywitz hat den Haushaltsausschuss in den letzten Zügen seiner Beratungen von einem Zinsverbilligungsprogramm für den Wohnungsbau überzeugt – das ist angesichts der prekären Haushaltslage und vor dem Hintergrund der Situation auf dem Mietmarkt ein gutes Signal"; kommentierte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie die weitere Milliarde für den Wohnungsbau und ergänzte: "Wir schauen uns jetzt genau an, wie das neue Programm ausgestaltet wird. Wichtig ist, dass die Baukosten nicht durch unnötig hohe Anforderungen an das Gebäude in die Höhe getrieben werden. Das gilt gerade für die Energieeffizienz. Hier reicht aus Bausicht EH55 maximal aus, wenn gleichzeitig klimafreundlich Energie und Wärme genutzt werden kann."

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe, sagte: "Der Wohnungsbau ist seit Monaten in einer Abwärtsspirale. Dass die Bundesregierung zusätzliches Geld für den Wohnungsbau bereitstellen will, ist ein kleiner Hoffnungsschimmer für Bauwillige und Branche. Aber noch gibt es keinen Grund zur Entwarnung. Es kommt jetzt auf die Ausgestaltung des Programms an." Am wichtigsten sei, dass die zusätzliche Milliarde an den richtigen Stellen ankommen müsse. "Gerade im Bereich 1- und 2-Familienhäuser gehen die Auftragszahl extrem zurück. Eine Zinsstütze für den EH 55-Standard kann hier das Bauen wieder etwas voranbringen. Für den sozialen Wohnungsbau ist es zusätzlich dringend notwendig, endlich die degressive Afa umzusetzen", fügte Pakleppa hinzu.

"Die Förderung geht nicht mit der Gießkanne in große Taschen, sondern erreicht bezahlbaren Wohnraum über die Beschränkungen im Mietpreis", sagte SPD-Vizefraktionschefin Verena Hubertz. "Das ist in Zeiten, in denen die Mietpreise innerhalb kürzester Zeit um ein Vielfaches ansteigen, dringend notwendig."

Der Bundesagentur für Arbeit bleibt es erspart, in diesem Jahr einen Zuschuss an den Bundeshaushalt in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zu leisten. Grund sei ein besserer Jahresabschluss im Bundesetat 2023, der finanziellen Spielraum schaffe, sagten Ampel-Politiker. Es bleibt aber bei der vom Kabinett beschlossenen Kürzung des Bundeszuschusses an die Rentenversicherung für 2024 bis 2027 um jeweils 600 Millionen Euro. Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke betonte allerdings: "Es wird keine einzige Rente durch diesen Haushalt gekürzt." Es gehe nur um die Reduzierung der Rücklage bei der Rentenversicherung, die in dieser Höhe gar nicht vom Gesetz vorgesehen sei.

Großer Unsicherheitsfaktor.

Der Ukraine-Krieg bleibt auch für den Haushalt ein großer Unsicherheitsfaktor. Was passiert, wenn Deutschland seine Hilfe für die Ukraine nochmals stark erhöhen muss – weil die Entwicklung an der Front oder der Rückzug anderer Staaten aus der Unterstützerallianz dies erfordern? Die Ampel-Koalition behält sich vor, dann doch eine "außergewöhnliche Notsituation" geltend zu machen und die Schuldenbremse auszusetzen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür lägen nach seiner festen Überzeugung vor, sagte SPD-Haushälter Rohde. "Ich finde, dass der ukrainische Freiheitskampf am Ende nicht an konservativer Betrachtung von Schuldenregeln scheitern darf."

Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Christian Haase, verlangte einen "komplett neuen Haushalt". Denn: "Das, was wir hier sehen, ist eine Reparatur der Reparatur der Reparatur." Ein neuer Haushalt müsse Prioritäten bei der inneren und äußeren Sicherheit sowie bei der Stimulierung der Wirtschaft setzen. Der CDU-Politiker warf der Ampel vor, noch immer ihre "Lieblingsprojekte" zu finanzieren. Er ging davon aus, dass die Ampel beim Haushalt für das kommende Jahr erhebliche Probleme bekommen werde. Haase rechnete mit einer Lücke von 36 Milliarden Euro.

Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler bemängelte: "Es ist ein unsozialer und ungerechter Kürzungshaushalt ohne Weitsicht." Wissler nannte unter anderem Sanktionen für Bezieher von Grundsicherung, bemängelte das Fehlen eines Klimageldes als Ausgleich für den höheren CO2-Preis und beklagte Kürzungen bei der humanitären Hilfe. Christian Leye, der Generalsekretär des Bündnisses Sahra Wagenknecht, erklärte: "Statt Milliardäre und Krisengewinnler gerecht zu besteuern oder der FDP zu erklären, dass die Schuldenbremse eine Investitionsbremse ist, spart die Ampel das Land weiter in die Krise rein."

Der AfD-Haushaltspolitiker Peter Boehringer vertrat die Auffassung, dass die Neuverschuldung nicht bei 39, sondern bei 77 Milliarden Euro liege. Das Gesamtvolumen des Etats betrage nicht 476 Milliarden Euro, sondern mindestens 540 Milliarden. Der Haushalt verstoße damit gegen die Verfassung. "Die Koalition spart nicht, entnimmt nur aus Rücklagen und Neuverschuldung", kritisierte Boehringer.

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