Gebäude aus Carbonbeton

Bau mit nichtmetallischer Bewehrung

Dresden (ABZ). - Die Anmutung ist futuristisch, das Material in dieser Anwendung ein Novum: Auf dem Campus der TU Dresden wurde im September 2022 der CUBE, das weltweit erste vollständig aus Carbonbeton errichtete Gebäude eingeweiht. Optisch besticht es durch eine kühn geschwungene Dach-Wandkonstruktion über einem schlichten Kubus.
Schöck Schalungstechnik
Der CUBE in Dresden, das weltweit erste Gebäude aus Carbonbeton, wurde vollständig ohne Stahlbewehrung errichtet. Foto: Moritz Bernoully

Für die notwendige Statik im CUBE sorgt eine ausschließlich nichtmetallische Bewehrung. In den Element- und Sandwichwänden, im Fundament und im Dach übernehmen auch Schöck Isolink und Schöck Combar aus Glasfaserverbundwerkstoff die Aufgabe der sicheren Lastabtragung.

Initiator des CUBE ist das Institut für Massivbau der TU Dresden, vertreten durch Manfred Curbach, den Vorstandsvorsitzenden des Verbandes C³ – Carbon Concrete Composite e. V. Seit seiner Gründung 2014 widmet sich der Verband der Entwicklung von Carbonbeton – der übergeordnete Begriff für Beton mit nichtmetallischer Bewehrung, der als Baustoff der Zukunft gehandelt wird. Das Konzeptdesign für den CUBE stammt von Henn. Das Architekturbüro kombinierte für den Entwurf eine quaderförmige BOX als Raumkörper mit mehrfach gekrümmten Carbonbetonschalen – dem TWIST – als Dach-Wand-Konstruktion. Diese beiden völlig unterschiedlichen Elemente zeigen, welche Bandbreite an Bauformen mit nichtmetallischer Bewehrung realisierbar sind.

In gerader und gebogener Form verfügbar

Carbonbeton ist ein Verbundwerkstoff aus Beton und einer nichtmetallischen Bewehrung, wie einer Carbonfasermatte oder Glasfaserstäben. Solche Glasfaserstäbe werden von Schöck seit über 25 Jahren als Bewehrung sowie als Komponente verschiedener Produkte eingesetzt. Sie sind unter dem Produktnamen Combar seit 2008 als einziger Faserverbundwerkstoff bauaufsichtlich zugelassen. Die Stäbe sind sowohl in gerader als auch gebogener Form verfügbar – das ermöglicht die Realisierung flexibler Bauteilgeometrien. Darüber hinaus ist die Glasfaserverbundbewehrung hoch tragfähig und zu 100 % korrosionsresistent. Diese Eigenschaft macht den Werkstoff im Vergleich zu herkömmlichem Stahlbeton wesentlich dauerhafter. Dank der hohen Zugfestigkeit und geringeren Dichte als Stahl wird darüber hinaus weniger Volumen benötigt. Das ermöglicht die Herstellung wesentlich dünnerer und somit leichterer Betonwände – ganz ohne Stabilitätsverlust.

Bei den Bewehrungskörben, Wandecken, Bügeln, Ringankern und bei der Fundament-Anschlussbewehrung für BOX und TWIST setzten die Planer auf Schöck Combar. Die Stäbe und Bügel aus Glasfaserverbundwerkstoff wurden als Bewehrung in den Randbalken des TWIST eingesetzt. Dank der unterschiedlichen Stabformen konnte die Tragstruktur der außergewöhnlichen Gebäudegeometrie gesichert werden.

Beim Bau zeigten sich die Qualitäten von Combar, das gestalterisch neue Dimensionen eröffnet: Die doppelt geschwungene, gegenläufige Schale in Sichtbeton dreht sich als Dach-Wandkonstruktion von der Horizontale in die Vertikale. Als Schalungsform für die fugenlose Konstruktion diente eine speziell angefertigte Holzunterlage, auf die die Betonschichten unter Einarbeitung von Carbonfaser-Bewehrungsgittern im Spritzbetonverfahren aufgebracht wurden.

Zunächst wurde die aus mehreren Lagen bestehende, 25 cm starke Tragschale gefertigt: Auf eine 3 bis 4 cm dicke Vollschale aus Carbonbeton folgen Styroporblöcke als Hohlraumbildner zur Reduzierung des Betonvolumen und des Gewichts. Darüber liegt eine weitere 3 bis 4 cm dicke Vollschale aus Carbonbeton. Verbunden werden die Schalen mit vertikalen, etwa 6 cm breiten Betonstegen in Achsabständen 80 cm beziehungsweise 44 cm je Richtung.

Beide TWIST-Schalen liegen auf einer Stahlkonstruktion und setzen am Boden auf ein Fundament auf. Als Anschlussbewehrung wurde der Glasfaserverbundwerkstoff Combar eingearbeitet und bei der Fertigung der Tragschale im Spritzbetonverfahren einbetoniert.

Combar ist mit etwa 30 % des Stahlgewichts wesentlich leichter als herkömmliche Bewehrung – das erleichtert das Handling bei der Verarbeitung. Tragwerksplaner Hans-Hendrik Ritter von Assmann Beraten + Planen: "Wir haben beim Bau des CUBE viel Erfahrung gesammelt, die in künftige Projekte einfließen wird."

Die Trag- und Wetterschale wurden mit Schöck Isolink verbunden. Nachdem die Glasfaserstäbe in die entsprechend der Traganforderungen vorgebohrten Löcher eingeklebt wurden, konnte anschließend die 14 cm dicken Wärmedämmelemente aufgesteckt und vollflächig verklebt werden. Die überstehenden Enden des Schöck Isolink sorgen für den zuverlässigen Halt der 4 cm starken Wetterschale aus Carbonbeton. Die Gesamtstärke dieser innovativen Decken-Wandkonstruktion beträgt 27 cm.

Zuverlässiger Halt durch Isolink

Die im Grundriss zweigeschossig und rechteckig angelegte BOX dokumentiert die Verwendbarkeit von nichtmetallischer Bewehrung im wirtschaftlichen und massentauglichen Montagebau. Die Element- und Sandwichwände wurden im üblichen Herstellungsverfahren im Betonfertigteilwerk vorgefertigt und termingerecht auf die Baustelle geliefert. Dank der schmalen, nur 4 cm dicken Betonschalen sowie einer innovativen Dämmung ließ sich ein Wandaufbau mit einer Stärke von lediglich 27 cm realisieren – üblich im Stahlbetonbau ist in der Regel eine Dicke von 44 cm. Den zuverlässigen Halt sichert Schöck Isolink für kerngedämmte Betonfassaden.

Als Verbindungselement reduziert Isolink aufgrund der geringen Wärmeleitfähigkeit des Materials nicht nur Wärmebrücken, sondern ermöglicht außerdem die filigrane Ausführung von Betonbauteilen, wofür die beim CUBE realisierten schlanken Wände beispielhaft stehen. Gleichzeitig dienen die Stäbe als Abstandhalter für den Hohlraum, der im üblichen Ortbetonverfahren auf der Baustelle verfüllt wird.

Nahezu 170 m² Wand- und Deckenfläche wurden auf diese Weise gebaut. Pro Quadratmeter wurden dabei etwa zehn Isolink eingesetzt; für die gesamte BOX ergibt das etwa 1700 Stück.

Dank des Engagements und Know-hows der beteiligten Unternehmen zeigt das Beispiel der BOX das bauliche und gestalterische Potenzial nichtmetallischer Bewehrung. Der Bau ist abgeschlossen – nun geht es um die Bewährung im Alltag. Spezielle im Beton verbaute Sensoren werden im Lauf der nächsten Monate und Jahre wichtige Daten zu Aspekten wie Feuchte, Verformung oder Rissbildung liefern. Parallel entwickeln die Partner des C³-Verbandes Prozesse für die zunehmende Automatisierung der Herstellung, um Bauen mit Carbonbeton für die Allgemeinheit noch attraktiver zu machen.

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