Material als Mittler
Städtebaulicher Übergang geschaffen
Die Torhäuser am Neutor in Münster sind die beiden einzigen von Wilhelm Ferdinand Lipper gestalteten und noch vollständig erhaltenen Gebäude der Stadt. Sie wurden 1778 als Wachhäuser im Stil des Frühklassizismus errichtet. Ihre Fassaden bestehen – typisch westfälisch – aus rotem Backstein, wobei einzelne Elemente wie die Tür- und Fenstergewände sowie das Kranzgesims aus Sandstein gefertigt sind. Gerahmt wird das geschichtsträchtige Gebäude heute von einer zwei- bis dreigeschossigen Reihenbebauung, die aus der Gründerzeit stammt. Die Gebäudehüllen sind der Architektur aus dieser Zeit entsprechend verputzt und mal in zurückhaltenden Beige- und Weißtönen, mal in bunten Pastelltönen gestrichen.
Zwischen dieser Verschiedenheit zu vermitteln war die zentrale Aufgabe beim Entwurf zur Füllung einer Bebauungslücke zwischen dem Torhaus am Schlossplatz und dem Haus an der Wilhelmstraße 1. Als Gewinner des Ideen- und Realisierungswettbewerbs ging das örtliche Büro hehnpohl architektur hervor. "Unsere Hauptaufgabe in der Gestaltung der Neubauten war es, einen städtebaulichen Übergang von der mehrgeschossigen Randbebauung an der Wilhelmstraße hin zum kleinformatigen Torhaus zu schaffen und auch den denkmalpflegerischen Gesichtspunkten dabei gerecht zu werden", erläutert Architekt Marc Hehn. Das Konzept sieht zwei Neubauten mit 19 Wohneinheiten sowie einer Gewerbeeinheit vor. Die Kubatur des Baukörpers im hinteren Bereich wurde der spitz dreieckig zulaufenden Grundstücksform entsprechend angepasst. "Die Gestalt des straßenseitigen Baukörpers orientiert sich in einer Axialität an der historischen Stadtbefestigung beziehungsweise am ehemaligen Stadtgraben", so Hehn. "Sein Erscheinungsbild erinnert selbstbewusst an ein klassisches Münsteraner Giebelhaus. Aus Respekt vor der Besonderheit des Denkmals öffnet der nordöstliche Fassadeneinschnitt den Blick auf das Torhaus." Im Zuge des Projektes wurde zudem das Bestandsgebäude an der Wilhelmstraße 1 durch ein Mansard-Dachgeschoss aufgestockt und seine Fassade saniert.
Ziel war es, dem gesamten Ensemble eine gleichartige Erscheinung zu geben. Während Putz als Fassadenmaterial am Bestand der Wilhelmstraße 1 vorgegeben war, entschieden sich die Architekten bei den zwei Neubauten für Klinker. Verarbeitet wurde schließlich die Handstrichsortierung "Weimar HS" von Hagemeister, ein sandfarbener Stein mit leichten Kohlebrand-Aufschmauchungen im schmalen Modulformat.
Auf Wunsch wurde für dieses Projekt der Anteil gelblich bis leicht rötlicher Farbnuancen erhöht. Die Mauerwerksfuge ist ebenfalls in einem hellen, zum Stein passenden Ton gehalten. "In ihrer Materialität orientieren sich die neuen Gebäude mit ihren Ziegelfassaden am massiven Backstein des Torhäuschens, gleichzeitig entsteht durch den sandfarbenen Klinker und die entsprechenden Mauerwerksfugen ein homogenes, zum Putz der weiteren Umgebungsbebauung passendes Erscheinungsbild", schließt Marc Hehn.