Neue Öko-Studie

Einsparpotenzial mit Spannbetondecken

Berlin (ABZ). – Die Einsparpotenziale unterschiedlicher Tragwerkskonstruktionen beim Ressourcenverbrauch und bei den CO2-Emissionen sind im Hochbau bislang kaum betrachtet worden. Eine aktuelle Untersuchung zeigt, welche Potenziale hier ausgeschöpft werden können. Im Fokus der Studie steht die Frage, wie sich verschiedene Deckentragsysteme auf die Ökobilanz eines Gebäudes auswirken und welche Chancen hier materialeinsparende Spannbetondeckenkonstruktionen bieten.
Spannbeton Baustoffe
Das Studentenwohnheim in Bochum von außen. Foto: DW Systembau

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Heuer hat im Auftrag des Bundesverbandes Spannbeton-Fertigdecken e. V. erstmals ein gesamtes Tragwerk – von den Decken über die Unterzüge und Stützen bis hinunter zu den Fundamenten – über eine vergleichende Ökobilanzierung untersucht, wie sich die Spannbetondeckenkonstruktion zur rein konventionellen Stahlbetonbauweise verhält.

In der Studie werden drei baugleiche Wohngebäude, die 2018/2019 mit Spannbeton-Fertigdecken errichtet wurden, einer konventionellen Konstruktion mit Halbfertigteildecken gegenübergestellt. Dabei handelt es sich um eine Wohnanlage für 258 Studierende, die als Slim Floor-Tragwerk aus Spannbeton-Fertigdecken und deckengleichen Verbundträgern gebaut wurde. Die Deckenspannweiten betragen zwischen 7,38 und 7,6 m. Die Treppenhauswände und Fundamente sind in Ortbeton, Stützen, Treppenläufe und Unterzüge aus Stahlbeton-Fertigteilen. Das Gesamttragwerk ist über die Spannbeton-Fertigdecken, die als horizontale Scheiben ausgebildet sind, sowie über die Stahlbetonwände ausgesteift.

Detaillierte Pläne entnommen

Für die Studie wurde zunächst die CO2-Bilanz des Gebäudekomplexes mit Spannbeton-Fertigdecken ermittelt und dazu parallel das Gebäude mit konventionellen Stahlbetondecken (Halbfertigteildecken) neu dimensioniert, einschließlich notwendiger Unterzüge, Stützen und Wände bis zu den Fundamenten. Nach Bestimmung der Materialmengen beider Bauweisen in Beton und Stahl erfolgte eine Bewertung der Ökobilanz.

Aus den Original-Planungsunterlagen für den erstellten Gebäudekomplex wurden neben den geprüften statischen Berechnungen auch die detaillierten Schal-, Bewehrungs- und Montagepläne entnommen. Die Deckenstärke der Spannbeton-Fertigdecken (BRESPA-Decken von DW Systembau GmbH) beträgt in nahezu allen Geschossbereichen 20 cm (C 45/55). Unterzüge sind deckengleich als DeltaBeam-Verbundträger (Peikko Deutschland GmbH) ausgeführt, die Fertigteilstützen mit 24/24 und in den Randbereichen mit 20/20 cm (beziehungsweise 20/24 cm) bemessen.

Die Treppenhauswände, die vorrangig zur Aussteifung herangezogen wurden, besitzen eine Stärke von 25 cm. Ihr Anteil an der Gesamtmasse und an den Schadstoffemissionen ist bei beiden Bauweisen gleich und wird in dieser Studie nicht eingerechnet. Die Bemessung des Tragwerks des fiktiven Vergleichsgebäudes mit schlaff bewehrten Halbfertigteildecken ergab teilweise neue Bauteilabmessungen. Dabei war das Durchbiegungskriterium für die Decken maßgeblich und führte zu Deckendicken von 25 cm und 32 cm. Die Dimension der Unterzüge blieb aufgrund der besseren Ausnutzung der effektiven Breite gleich, ebenso wie die Wanddicken, die in der originalen Bemessung leicht überdimensioniert waren. Die Stützen und Fundamente mussten mit den höheren Lasten aus den massiven Decken neu dimensioniert werden. Über die Massenermittlung beider Objekte konnte der Materialeinsatz der Tragwerkssysteme unabhängig von den Materialgüten gegenübergestellt werden. Für die Ökobilanz ist dies ein erstes übersichtliches Ergebnis.

Die dort erstellte Ökobilanz berücksichtigt die LCA-Module Produktion (A1-A3), Entsorgung (C3 und C4) und Recyclingpotential (D). Für die BRESPA-Decken und DeltaBeam-Verbundträger standen EPD-Dokumente (Environmental Product Declaration) zur Verfügung, die anderen Tragwerkselemente konnten mit entsprechenden Datensätzen der Plattform Ökobaudat bilanziert werden.

In der vorliegenden Ökobilanz wurden folgende Indikatoren untersucht: Beton- und Stahlmengen, Treibhausgaspotential (GWP, Global Warming Potential), Ozonabbaupotential (ODP, Ozone Depletion Potential), Versauerungspotential (AP, Adification Potential), Überdüngungspotential (EP, Eutrophication Potential), das bodennahe Ozonbildungspotential und POCP (Photochemical Ozone Creation Potential).

Unterschiede bei Treibhausgasen

Dieser Artikel bezieht sich nur auf die Ressourcenverbräuche und auf die Unterschiede bei den Treibhausgasen (GWP), die maßgeblich für die Klimaerwärmung verantwortlich sind und die als CO2-Äquivalent in Kilogramm CO2/Einheit eines Stoffes angegeben werden. Allerdings ist das Slim Floor-Tragwerk mit Spannbeton-Fertigdecken auch in allen anderen Umweltkriterien, die bei der DGNB-Zertifizierung untersucht und beurteilt werden, ökologischer als massive Halbfertigteildecken.

Die Studie macht deutlich, dass allein durch die Wahl des Tragwerks enorme Mengen an Rohstoffen eingespart werden können. So reduzieren sich beim Beton die Gesamtmengen von 1313 m³ auf 777 m³, das bedeutet 536 m³ oder 40 % weniger Beton. Beim Stahl ist das Einsparpotential noch größer: Statt 109 t werden für die drei Gebäude nur noch 42 t Stahl benötigt, eine Reduzierung um 60 %.

Auch die Treibhausgasemissionen werden beim Einsatz von Slim Floor-Tragwerken aus Spannbeton-Fertigdecken signifikant reduziert. Und weil Betondecken mit über 40 % die größten CO2-Verursacher beim Rohbau sind, steckt hier auch das höchste Einsparpotential. Die höheren Betongüten der Fertigdecken (C45/55) und die damit verbundenen größeren CO2-Emissionen gegenüber den schlaff bewehrten Decken (C 30/37) werden über den geringeren Beton- und Stahlverbrauch mehr als ausgeglichen. Allein bei den Decken verursachen massive Halbfertigteildecken fast 50 % mehr CO2 als Spannbeton-Fertigdecken. Über alle Gebäude und alle Betonbauteile werden mehr als 280.000 kg CO2-Äquivalent eingespart. Das entspricht den CO2-Emissionen von 70 Mittelklassewagen, die alle einmal rund um die Erde fahren (40.000 km).

Beton hat im Rohbau den größten Anteil an den klimaschädlichen Treibhausgasemissionen. Die größten Einsparungen lassen sich bei den Deckensystemen erzielen.

Bei diesem Referenzobjekt wurden allein durch die Entscheidung, dieses Wohnquartier mit Spannbeton-Fertigdecken statt mit massiven Halbfertigteildecken zu errichten, 25 % der CO2-Emissionen – bezogen auf den Rohbau des Gesamtgebäudes – eingespart. Das Ergebnis zeigt, dass sich in der Baubranche heute schon große Mengen an CO2-Emissionen einsparen lassen, allein über die Auswahl und die Dimensionierung der Tragsysteme.

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