Im Gespräch mit dem Marktführer im Bereich der Motorsägen und Motorgeräte

Der Knoten löst sich langsam auf

Heribert Benteler, Geschäftsführer Stihl Vertriebszentrale Deutschland, sprach mit ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Fajga über den Verlauf der bauma für das Unternehmen Stihl, Marktentwicklungen und seinen bevorstehenden Ruhestand.
Stihl Unternehmen
Heribert Benteler ist Geschäftsführer der Vertriebszentrale Deutschland bei Stihl. Foto: Kai-Werner Fajga

ABZ: Herr Benteler, die bauma in München ist auch für Stihl eine wichtige Plattform. Wie oft waren Sie schon dabei?

Benteler: Ich besuche die Messe seit Mitte der 90er Jahre und habe meine Besuche nicht gezählt. Die bauma ist aber immer ein Festtag für die Branche. Wenn man sieht, wie auf der einen Seite in Freiflächen im doppelten Sinne gebaggert wird und in den Hallen wirklich Markentempel aufgestellt werden, dann ist das schon was Besonderes. Für uns ist die bauma logischerweise sehr wichtig, da wir dort unsere Stammkunden aus der Baubranche treffen. Ich habe auch wieder tolle Feedbacks bekommen von Besuchern der Messe – von den Gesprächen und auch von unserer Hauptattraktion, mit der Timbersports-Show. Von daher würde ich sagen – Ziel erreicht. Ich bin mir sehr sicher, dass mein Nachfolger die nächste bauma wieder bestücken will und vielleicht bekomme ich ja eine Einladungskarte kostenlos.

ABZ: Es gab vor der Messe Befürchtungen, dass zu wenig Besucher kommen. Wie war Ihr Eindruck von der Messe bezüglich des Besucherzuspruchs und der Nachfrage vom Fachpublikum?

Benteler: Bis in den Sommer 2022 hinein hatten wir auch einen gewissen Respekt vor der Messe. Spätestens zur GaLaBau in Nürnberg aber konnte man sehen, wie ausgehungert das Fachpublikum nach danach war, Fachgespräche zu führen und sich persönlich auszutauschen. Und alle, die in München vor Ort waren, haben es wirklich genossen. Die Gespräche, Kontaktaufnahmen und Emotionen waren auch diesmal wieder etwas Besonderes für uns.

ABZ: Stihl hatte im vergangenen Jahr die gleichen Herausforderungen wie viele andere Hersteller durch Lieferkettenproblemen und Rohstoffmangel. Wie stellt sich die aktuelle Situation dar?

Benteler: Das hat uns ziemlich getroffen, weil wir als globaler Hersteller zwar eine eigene Fertigung haben, aber dennoch zum Beispiel auf Logistikwege angewiesen sind. Und wenn irgendein Vorlieferant schwächelt, dann sind wir betroffen, und zwar meistens gleich bei mehreren Produktgruppen. Die Unzufriedenheit war am Anfang bei Kunden und Handel sehr groß, bis sie verstanden haben, dass das momentan die Realität ist, an der auch wir nichts ändern konnten. Die größte Rückstandsquote war im April und Mai 2022, aber die ist jetzt deutlich abgebaut. Wir haben in den Werken bei den Vorlieferanten sehr viel vorgefertigt und wir lösen Rückstände konsequent auf. Dabei ist auch interessant festzustellen, dass nahezu kein Händler storniert. Wir versuchen die Stornoquote immer zu ermitteln und können mittlerweile relativ gelassen mit der Situation umgehen, da immer noch jeder Auftraggeber froh ist, Ware zu bekommen. Und natürlich gibt es gerade beim Fachhandel – und das gilt bestimmt auch für die Baubranche – Projektlisten, anhand derer man weiß, welche Kundenbelieferung Priorität hat. Der Knoten löst sich langsam auf, aber das dauert noch einige Zeit. Das Schlimmste ist aber, glaube ich, erst einmal überstanden.

ABZ: Wie würden Sie die aktuelle Marktentwicklung und Erwartungen für das kommende Jahr beschreiben?

Benteler: Nun, wir kennen Auftragseingang unserer Händler und haben so einen klaren Blick dafür, welche Volumen abgesetzt werden kann im neuen Jahr. Wir planen für das Jahr 2023 Umsatzwachstum und die Einschätzung, dass 2024 spannend wird, teilen sicherlich viele.

ABZ: Ein Blick zurück zur bauma: Eines der großen Themen ist das Thema alternative Antriebe, Akkutechnologie, Batterietechnologie. Stihl bietet hier ein großes Portfolio an Geräten. Inwieweit hat sich der Trend nachfrageseitig bei Stihl bemerkbar gemacht? Springen nun plötzlich mehr Kunden auf den Zug auf und wollen auf elektrisch betriebene Geräte umrüsten?

Benteler: Also zwischenzeitlich verkaufen wir mehr als die Hälfte unserer Produkte mit Akku. Wir formulieren noch deutlicher unsere Ziele mit dem ganz knappen Wording "Akku first", und dass wir den Profi-Akku-Kunden noch besser bedienen wollen. Das sind zwei Kernstrategien von uns und die sind nicht komplett ausgerollt. Daran arbeiten wir, darin investieren wir. Da werden wir nächstes Jahr – aber das darf Ihnen dann mein Nachfolger sagen – noch mehr Gas geben. Darüber hinaus gibt es aber Bereiche wie Connectivity, also etwa Gerätedaten über das Handy zu erfassen oder Flottenmanagement zu betreiben, die wir ebenfalls fokussieren. Hier bieten sich viele neue Vorteilen, wie etwa zu wissen, wo das Gerät eingesetzt wird oder Diebstahl auf der Baustelle vorzubeugen.

ABZ: Was bedeutet das Thema Flottenmanagement bei Stihl?

Benteler: Wir spüren, dass wir hier noch einen Markt schaffen müssen. Das heißt, den Nutzen erkennen viele professionelle Kunden noch nicht. Pilotprojekte laufen schon, aber wir starten weitere Projekte, um mehr Details von Anwendern zu lernen und Referenzen zu erstellen. Man muss einfach als Kunde mal probieren können, um den Nutzen solcher Lösungen zu erkennen. Ich nutze eine solche Lösung selbst und weiß es zu schätzen, wenn ich sehen kann, dass manche Geräte schon zwei Wochen auf dem Haken hängen, weil sie nicht genutzt werden. Zudem ist unsere Lösung ist Hersteller-unabhängig. Das heißt, der Stihl Connector kann befestigt werden, wo Sie wollen, auch an Auto oder Kinderfahrrad. Natürlich können wir diese Lösung in unsere Produkte geschickter integrieren, vielleicht sicherer anbringen, ins Design besser einbauen. Aber im Kern kann der Connector überall mit jedem Gerät genutzt werden. Und das bedeutet, dass man seine Geräteflotte markenübergreifend transparenter nutzen kann.

ABZ: Wie beurteilen Sie den Bereich autonomer Anwendungen?

Benteler: Das Thema Robotik ist auf der Baustelle, zumindest in den Geräten, die wir im Einsatz haben, noch nicht angekommen. Aber auch dort bieten wir eine komplett neue Serie, mit der wir nächstes Jahr beginnen. Wir sehen einen Trend, der nicht vor Anwendungen stoppen wird, da zum Beispiel auch der Fachkräftemangel ein Treiber ist. Es ist in der Baubranche natürlich wesentlich komplexer, Geräte dafür zu entwickeln und einzusetzen. Aber stellen Sie sich einmal einen automatischen Trennschleifer vor, der ein Rohr mit über 50 Metern Länge auftrennen muss. Das ist aus meiner Sicht im Moment Utopie, weil zu komplex und weil vielleicht auch der Markt nicht die entsprechende Größe hat, aber über solche Möglichkeiten muss man heute nachdenken.

Auch wenn die Realität heute noch teilweise anders aussieht. Vor kurzem hatte ich erneut das große Vergnügen, mit Hans-Peter Stihl über Benzinantriebe zu diskutieren. Und wir mussten einräumen, dass es professionelle Anwendungen gibt, wo die Energiedichte eines Akkus einfach nicht ausreicht und auch auf absehbare Zeit nicht ausreichen wird, um dieselbe Leistung zu bringen. Das heißt, wir brauchen immer noch den Kanister mit Benzin. Stihl hat aus diesem Grund auch einen eigenen Kraftstoff entwickelt, der sehr umweltschonend ist und für den Benutzer weniger schädlich. Außerdem schont dieser Kraftstoff die Maschine. Das bedeutet letztlich, dass unsere Strategie bei Stihl weiter auf zwei Säulen fußen wird. Das eine ist der Akku. Und das andere ist, dass wir bei Benzin nicht nachlassen werden.

ABZ: Herr Benteler, zum Jahresende gehen Sie in den Ruhestand . Was waren eigentlich die bewegendsten Momente in Ihrem Berufsleben?

Benteler: Ich hatte sicherlich schon vor Stihl sicherlich ein, zwei Förderer gehabt, denen ich heute noch sehr dankbar bin. Ich habe bei Stihl bewusst in ein mittelständisches Unternehmen gewechselt, weil man hier näher den Erfolg spürt und vielleicht einfach direkter dran ist und umfangreicher Verantwortung tragen kann. Das hat sich so bestätigt. Ein Highlight war für mich definitiv die Einführung der Stihl Timbersports Series in Deutschland und Europa. Aus dem Nichts durfte ich etwas entwickeln, was heute eine absolute Kultveranstaltung ist. Vor zwei Wochen waren wir in Göteborg bei der Weltmeisterschaft mit 3000 Menschen in der Halle. Das ist schon toll, wenn man das dann so gerade jetzt in diesen Wochen erlebt. Aber dieser unglaublich schnelle, durchschlagende Erfolg und die zusätzliche Positionierung von Stihl als kompetenten Akkugeräteanbieter, das betrachte ich auch als ein Highlight meiner 30 Jahre Berufstätigkeit. Und was mir persönlich sehr gefallen hat war, als wir vor ungefähr sieben, acht Jahren, bei Benzin-Rasenmähern im Fachhandel die Nummer eins geworden sind.

ABZ: Abschließende Frage: Welche Empfehlung geben Sie Ihrem Nachfolger Andreas Epple?

Benteler: Ich gebe ihm keine. Aus dem ganz einfachen Grund, weil er schon zehn Jahre dabei ist und auch für Stihl glüht. Er weiß, wie es geht. Ich bin mir sehr sicher, dass er neue Akzente setzen wird, auch ohne mein Zutun. Und was Besseres gibt es ja gar nicht, als wenn man als Team ohne großes Aufsehen einfach im Übergang zusammenarbeiten kann.

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