Neubauquartier "Am Tacheles"

Alle Parameter einer metropolitanen Lebenswelt abdecken

Berlin (ABZ). – Mit dem Neubauquartier "Am Tacheles" wird eine jahrzehntelang brachliegende Lücke in Berlin-Mitte geschlossen. Die bewegte Historie der alten Kaufhauspassage zwischen Friedrichstraße und Oranienburger Straße von 1908 umfasst Phasen diverser Nachnutzungen gewerblich-industrieller oder politischer Natur.
Gima Fassaden
An der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte bildet das Wohnhaus ORO einen städtebaulichen Akzent und markiert einen der Eingänge in das neu errichtete Quartier "Am Tacheles". Fotos: Koy + Winkel

Sie reicht bis hin zum großen Teilabriss ab 1980 und der anschließenden Besetzung des Restgebäudes durch die Künstlerinitiative Tacheles, die dem Areal seither ihren Namen gibt. Die städtebauliche Entwicklung erfolgt seit Mitte der 2010er-Jahre auf Basis eines Masterplans des renommierten Basler Architekturbüros Herzog & de Meuron. Dieses zeichnet auch für die Entwürfe eines Großteils der Neubauten im Quartier verantwortlich. Die Fassaden der Gebäude SCAPE, ORO und FRAME sowie die öffentlichen Zwischenräume prägen dabei die handwerkliche Finesse von Gima-Klinkerfassaden und -Pflastersteinen in speziell entwickelten Ausführungen.

Relikt der historischen Bebauung

Das gemischt genutzte Quartier "Am Tacheles" deckt künftig alle Parameter einer metropolitanen Lebenswelt ab: Wohnen, Arbeiten, Gastronomie, Einzelhandel sowie Kunst und Kultur verteilen sich auf die zehn Neubauten mit rund 85.000 m² Nutzfläche und mehr als 45.000 m² Bruttogrundfläche in einem gemeinsamen, unterirdischen Sockelbau. Darüber hinaus bildet das einzige Relikt der historischen Bebauung, das berühmte ehemalige Kunsthaus an der Oranienburger Straße, ein imposantes Eingangstor sowie das frisch sanierte Herzstück des insgesamt 25.000 m² Fläche umfassenden Areals. Eine kulturelle Nutzung war für die Ruine mit ihrer turbulenten Geschichte zwingend vorgegeben. Die neu gestalteten Räume samt ihrer instandgesetzten und ergänzten Hülle füllt nunmehr das weltweit agierende und in Schweden beheimatete Kulturunternehmen Fotografiska aus. Dieses bringt in das Tacheles ein Programm aus Fotografie-Ausstellungen, Veranstaltungen, Verkauf und Gastronomie unter. Der Sanierung nahmen sich die mehrheitlich planerisch am Tacheles-Areal beteiligten Schweizer Architekten von Herzog & de Meuron an. Die architektonische Intervention umfasste unter anderem die Errichtung eines Pyramidendachs oberhalb sowie einer Verbindungsbrücke innerhalb des Portals, die Sanierung der historischen Natursteinfassade oder etwa der Treppenhäuser, in denen die Spuren der vormaligen Nutzung in Form künstlerischer Graffitis bewusst sichtbar belassen werden sollten.

Fassadengestaltung aus hellen Ziegeln

Die Hälfte der insgesamt zehn Projekte im umgebenden Neubauensemble gestalteten ebenfalls Herzog & de Meuron. Dazu gehören auch die beiden Wohngebäude ORO und FRAME. Ersteres ist der markanteste Baustein im Quartier und schließt entlang der Oranienburger Straße in der erweiterten Verlängerung zum Fotografiska-Gebäude an, während seine schmale, spitz zulaufende Ecke den Eingang zum Aaron-Bernstein-Platz – einem von drei öffentlichen Plätzen auf dem Areal – darstellt. Das achtstöckige Wohngebäude ORO fällt nicht nur aufgrund seiner außergewöhnlichen, trapezoiden Grundform auf, sondern auch aufgrund der Fassadengestaltung aus hellen Ziegeln und allseitig von Rundbögen gerahmten Fenstern oder Loggien auf. Auf 3960 m² verteilen sich hier 14 Wohnungen mit Größen zwischen 57 und 375 m² sowie zwei Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss.

Ein geradliniges Pendant dazu bildet die Fassade des Nachbargebäudes FRAME, das sich schräg gegenüber, dem Aaron-Bernstein-Platz zugewendet, präsentiert. Der Name ist hier Programm. Großformatige, ebenfalls in hellen Klinkerriemchen gerahmte Glasflächen prägen das Wohngebäude, in dem vorwiegend stützenfreie Lofts mit Größen zwischen 75 bis 229 m² sowie Raumhöhen bis 3,82 m untergebracht sind.

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Gima Fassaden
An der Friedrichstraße bildet das aus zwei achtgeschossigen Gebäuden bestehende Projekt SCAPE ein imposantes Eingangsportal zum Quartier "Am Tacheles". Als Flachdach und Schrägdach ausgeführte Gebäudeteile gleichen sich an die umliegende Bebauung an. Foto: Koy + Winkel

Filigrane Rasterstruktur

Auf der gegenüberliegenden Seite des Stadtblocks mit Schmalfassaden entlang der Friedrichstraße prägt das Projekt SCAPE den Charakter des neuen Tacheles-Quartiers. Es besteht aus zwei achtgeschossigen Gebäuden, die eine langgezogene Passage sowie einen oktogonalen Platz eindrucksvoll rahmen und über drei aufsehenerregende Gebäudebrücken auf Höhe der sechsten Obergeschosse miteinander verbunden sind. Zur Friedrichstraße bildet das Teilensemble ein Portal aus und einen weiteren repräsentativen Eingang zum Quartier. Rund 31 900 m² der Gesamtfläche stehen im Projekt SCAPE für Büros zur Verfügung, die restlichen rund 7600 m² teilen sich Gastronomie und Einzelhandel. Die Fassaden prägt eine filigrane Rasterstruktur aus hellen Klinkern, die als Lisenen aus dem Volumen hervortreten und das Vertikale zusätzlich betonen. Insgesamt setzen sich alle Einzelteile im Ensemble gemäß dem Konzept von Herzog & de Meuron zu einem harmonischen Abbild zeitgenössischer Großstadtarchitektur zusammen.

Für die gebrochenen Ziegel aller Fassaden wurden von Seiten des Herstellers Gima drei verschiedene Grautöne speziell entwickelt. Der zugehörige Keramikscherben hat eine Wasseraufnahme von lediglich 1,5 %, was wichtige Auswirkungen auf die Beschaffenheit der gebrochenen Oberfläche hat. Um das passende Bruchbild zu definieren, wurden verschiedene Varianten erprobt. Dabei sollte der Bruch nicht zu rau sein jedoch eine gewisse Haptik aufweisen. Ein Großteil der Fassaden besteht aus Klinker-Fertigteilen, die bauseits einfach und effizient montiert werden können.

Im Vorfeld des Herstellungsprozesses erfolgten außerdem Versuche in Klimakammern, die Aufschluss über das Verhalten des Scherben bei unterschiedlicher Witterung gaben. Ebenso gab es Versuche hinsichtlich der Haftzugfestigkeit und somit der potenziellen Langlebigkeit der in die Fertigteile der Konstruktion eingegossenen Riemchen. Einmal mehr erwies sich das von Gima erprobte System aus Klinkerriemchen mit an den Rückseiten eingepresster Schwalbenschwanzprofilierung als hocheffizient, erklärt der Hersteller. Die Riemchen bleiben dadurch unlösbar mit dem Betonkern der Fertigteile verbunden.

Recycling-Anteil von 20 Prozent

Insgesamt wurden mehr als 300 verschiedene Steinformen teils in Handarbeit sowie mithilfe von Presswerkzeugen im Werk produziert. Klinkerriemchen für die Fertigteile wurden im Werk auf das korrekte Maß geschnitten. Sämtliche Abfallstücke wurden dabei innerhalb des Gima-Werks recycelt und der Produktion wieder zugeführt, so dass für das Projekt ein Recycling-Anteil von 20 % realisiert werden konnte.

In den Loggien des Projekts Oro kam als Bodenbelag außerdem das Gima-Terrassensystem Cerpiano+ zum Einsatz. Die Dielen aus Ton erhielten ebenfalls eine Sonderfarbe sowie eine projektspezifisch entwickelte Oberfläche mit einer Nut.

Zum sorgfältig komponierten Bild des gesamten Ensembles gehören auch die Zwischenräume, Plätze, Passagen und Wege, die sich durch das Quartier "Am Tacheles" wie Lebensadern hindurchziehen. Neben neu gepflanzten Bäumen kleiden die öffentlichen, halböffentlichen oder privaten Außenräume helle Pflasterklinker, die mal einheitlich gereiht, mal zu konzentrischen Mustern gruppiert wurden. Auch die hierfür verwendeten Steine stammen aus dem Hause Gima. Dabei wurden für alle Pflasterflächen zwei neue Farben entwickelt in den Tönen Grau sowie einem hellen Rosé. Zum Einsatz kam ein Sonderformat mit den Maßen 192 x 192 x 80 mm sowie spezielle Rinnensteine im Format 192 x 230 x 80 mm. Die ebenfalls individuell entwickelten Scherben erreichen eine Biegebruchlast von mehr als 300 N/mm. Die Pflasterklinker entsprechen außerdem in allen Belangen den höchsten Ansprüchen der DIN EN 1344 und übertreffen in ihrer Qualität diese sogar um einiges.

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