Deutscher Abbruchverband nimmt zu aktuellen Entwicklungen Stellung

"Die Belastungen nehmen zu"

Die Verbandsarbeit läuft trotz abgesagter Frühjahrstagung beim Abbruchverband sehr gut, berichten Vorstandsvorsitzender Johann Ettengruber und Verbands-Geschäftsführer Andreas Pocha im Gespräch mit ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Fajga. Probleme wie die aktuelle Ausführung der Mantelverordnung oder der Fachkräftemangel stellen aber hohe Herausforderungen dar.

ABZ: Die Abbruchtagung musste erneut abgesagt werden, womit den Mitgliedern des Abbruchverbands eine Austauschplattform fehlt. Wie tauschen Sie sich nun mit Ihren Mitgliedern aus?

Pocha: Natürlich tut es uns als Veranstalter und Gastgeber leid, dass die Fachtagung Abbruch in Berlin erneut abgesagt werden musste. Aber der Verlauf der Pandemie und die verordneten Maßnahmen ließen uns da keine andere Wahl. Wir haben viele Gespräche mit Mitgliedern und Ausstellern geführt und jeder hatte da auch Verständnis dafür. Wobei auch die Anmeldezahlen bis zu unserer Absage sehr gut waren. Es war schon zu merken, dass die Branche förmlich danach lechzt, sich wieder mit anderen zu treffen und auszutauschen.

Den Verband freut es sehr, dass sich die Veranstaltung in den letzten Jahren so enorm positiv entwickelt hat. Sie zieht weit über den Bereich unserer Mitglieder hinaus Interessenten an. Wir konnten in den letzten Jahren über tausend Teilnehmer und über 120 Aussteller begrüßen. Wir vom Deutschen Abbruchverband sind schon etwas stolz darauf, dass diese Veranstaltung sich insgesamt zum Branchentreffen der Abbruchbranche in Deutschland und zum Teil auch in Europa entwickelt hat.

Aber die eigentliche Verbandarbeit leidet unter dieser Absage nicht. Die Corona-Jahre haben die Digitalisierung der Verbandsarbeit im Umgang mit den Mitgliedern ganz ordentlich beschleunigt. Für die Facharbeit, die bei uns in diversen Fachausschüssen geleistet wird, haben wir aus der Not heraus eben sehr viel auf Onlinesitzungen umgestellt. Und das klappt sehr gut. So sind wir mit den Mitgliedern, die sich in den Gremien engagieren, ununterbrochen in regem Kontakt und stehen im ständigen Austausch, um unsere Anliegen weiter voranbringen zu können.

Nur die persönlichen Treffen, zum Beispiel auf Landesebene, bei denen mehr der kollegiale Austausch als die Facharbeit im Vordergrund stehen, haben darunter gelitten und mussten weitgehend ausfallen, weil bei diesen Zusammenkünften eine Umstellung auf Videositzung keinen Sinn macht.

Der Abbruchverband richtet ja auch immer noch einen Jahreskongress aus, zu dem auch 250 bis 280 Mitglieder kommen, und der in diesem Jahr am 9. September in Aachen stattfinden wird. Das ist dann wieder eine größere Veranstaltung, wo wir als Verband uns mit unseren Mitgliedern persönlich wieder treffen können.

ABZ: Wie haben sich die Mitgliederzahlen im Abbruchverband entwickelt?

Pocha: Wir haben seit Jahren immer einen erfreulichen Mitgliederzuwachs, was auch in den letzten beiden Jahren nicht unterbrochen wurde. Also 2020 und 2021 haben wir unterm Strich rund 90 neue Mitglieder gewonnen. Und auf diese Entwicklung sind wir sehr stolz, denn wir wissen, dass es nicht jedem Verband so erging.

Zumal die Mitgliedschaft in unserem Verband kein Selbstläufer ist, wir haben da schon sehr strikte Qualitätsanforderungen, die auch sorgfältig geprüft werden. Denn letztlich wollen wir nach Außen mit Fug und Recht sagen können, dass im Deutschen Abbruchverband nur seriöse und qualifizierte Abbruchunternehmen vertreten sind. Wir haben uns seit einigen Jahren auch geöffnet für Recyclingunternehmen und danach auch für Schadstoff-Sanierungsfirmen, weil diese Tätigkeiten mehr und mehr auf unseren Baustellen vorzufinden sind.

Ettengruber: Noch ergänzend zum Thema Aufnahme von Mitgliedern in den Verband – wir merken schon, dass bei den Bewerbern nicht das Konkurrenzdenken im Vordergrund steht, wenn sie sich dem Procedere stellen, sondern unsere Qualitätskriterien. In vielen Aufnahmeverfahren sehen wir beispielsweise schon, ob sich ein Unternehmen etwa in puncto Versicherungsschutz gut aufgestellt hat, und ähnliches. Da sind die Unternehmen schon sehr dankbar, wenn wir da in verschiedenen Bereichen die notwendigen Erfahrungen haben und Hilfestellungen leisten können. Mitglieder des Verbands haben diese Kriterien auch verinnerlicht, das sieht man auch bei den Teilnehmern der Lehrgänge.

ABZ: Wie stellt sich für Sie aktuelle Situation der Abbruchbranche dar?

Ettengruber: Da gibt es aktuell mehrere Indikatoren, die Einfluss auf die Branche haben. Zunächst muss man festhalten – und das belegen unsere in Jahren gewachsenen Erfahrungen, dass bei uns in der Branche Themen, die andere Branchen wie die Elektroindustrie oder die Metallbauindustrie beschäftigen, oft mit einem zweijährigen Nachlauf stattfinden. Das heißt, wenn die Konjunktur abnimmt, haben unsere Unternehmen oft noch lange volle Auftragsbücher. Auch wenn das regional sehr unterschiedlich ausfällt.

Aber auch mit diesen regionalen Verschiebungen muss festgehalten werden, dass die Anfragen seit September letzten Jahres rückläufig sind. Nun müssen sie schon in der Abbruchbranche zwischen privaten Investoren und Häuslebauern oder großen Unternehmen und Investoren unterscheiden. Bei kleineren Bauobjekten mit vier, fünf Einheiten oder Doppelhaushälften sind nach wie vor hohe Auftragsvolumen vorhanden, aber im Bereich großer Investoren, Fonds, Versicherungen und Banken ist das Geld für Investitionen zwar vorhanden, es wird aber sehr vorsichtig damit umgegangen.

Die Anforderungen des Marktes sind derzeit noch moderat. Es ist nicht so, dass einem jetzt Angst und Bange werden müsste, aber es ist deutlich erkennbar, dass Investoren vor allem im bayerischen Raum zurückhaltender geworden sind. In Ballungsräumen wie Frankfurt oder Berlin ist das freilich noch anders, da herrscht noch immer eine hohe Investitionsfreude.

Auf der anderen Seite bleibt auch festzuhalten, dass die Belastungen für unsere Mitgliedsunternehmen zugenommen haben. Damit sind nicht einmal die neuesten Entwicklungen mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs gemeint, der auch Auswirkungen haben wird, sondern der Anstieg der Kosten generell, und besonders beim Kraftstoff. Das sind Kostensteigerungen, die unsere Unternehmen nicht weitergeben können, auf denen bleiben die Firmen momentan sitzen.

ABZ: Sind die Lieferschwierigkeiten verschiedener Hersteller ein Problem für die Abbruchbranche?

Ettengruber: Ja, leider bereiten uns die Lieferschwierigkeiten der Industrie große Probleme, denn die Industrie kann schlichtweg nicht liefern. Also nicht nur normale Lkw, auch Kleinfahrzeuge und Baumaschinen. Wir sprechen hier bei den Verzögerungen teilweise über Größenordnungen von mindestens einem Jahr und mehr Lieferzeit, Tendenz steigend, wo sonst fünf bis sechs Monate maximal die Regel waren. Die deutsche Industrie stellt sich da aktuell ein ganz schlechtes Zeugnis aus. Denn man muss schon konstatieren, dass diese Entwicklung ein Ergebnis von klarem Missmanagement ist. Da haben die Firmenlenker ihre Hausaufgaben nicht gemacht und offensichtlich immer nur darauf geachtet, wo am günstigsten produziert werden kann. Und nun müssen Produktionen eingestellt werden, weil Kabelbäume aus der Ukraine fehlen. Das fällt aber nun nicht nur der Industrie auf die Füße, sondern es hat Auswirkungen auf viele andere Branchen. Denken Sie etwa an nicht lieferbare Ersatzteile oder so lapidare Dinge wie Betriebsstoffe, Farben oder Hydraulikschläuche. Fast könnte man meinen, dass Deutschland die letzten 30 Jahre ausgeplündert worden ist, was die Herstellung aller möglichen Güter und Produkte angeht. Früher hieß es, dass sich Unternehmen möglichst wenige Teile auf das Lager legen sollten, weil das totes Kapital sei. Heute können die Betriebe, die weiter eine eher konservative Lagererhaltung betrieben haben, froh darüber sein.

ABZ: Bei Baumaschinenanbietern gibt es ja durchaus Hersteller, die liefern können.

Ettengruber: Ja, nur werden die Maschinen dann nicht nach Deutschland geliefert. Das ist dann eine andere Form von Lieferschwierigkeiten. Sie haben Recht, viele Baumaschinen werden ja nicht nur in Deutschland hergestellt, sondern auch in China oder Korea. Lieferschwierigkeiten treten hier aber nicht auf, weil eine Lieferkette unterbrochen ist, Materialproduktion oder die Zulieferer nicht funktionieren, sondern weil auf den anderen Kontinenten bessere Preise gezahlt werden. Hersteller bekommen in Amerika, Indien, Afrika oder im asiatischen Raum wesentlich höhere Preise für ihre Produkte. Wir sprechen da von 20 bis 30 Prozent mehr Gewinn in diesen Regionen. Und wenn Unternehmen solche Margen anderswo erzielen können, dann wird die Lieferung nach Deutschland oder Europa halt vernachlässigt. Und das ist eigentliche das Problem hinter den Lieferschwierigkeiten – zumindest in der Baubranche.

ABZ: Wie steht es um den Fachkräftemangel in der Abbruchbranche?

Pocha: Auch davon bleibt die Branche aktuell nicht verschont, wobei man schon sagen muss, dass Abbruchunternehmen, genau wie die ganze Baubranche, davon schon immer schwerer betroffen waren, als andere Branchen. Es wird immer schwerer, Nachwuchs zu finden, weil jungen Menschen andere Werte vermittelt werden. Und während andere Branchen mit Ortsgebundenheit oder den Argumenten "Bürojob" oder "Dach über dem Kopf" werben können, müssen unsere Mitgliedunternehmen dem Job hinterherfahren, wir sind bei Wind und Wetter draußen. Die Corona-Pandemie hat uns da sicherlich in die Hände gespielt, da das Auftragsvolumen vorhanden war und kein Unternehmen Kurzarbeit anmelden musste. Aber insgesamt macht uns der demographische Wandel schon zu schaffen, zumal nun geburtenschwache Jahrgänge vor uns liegen.

Ettengruber: Wir haben früher viel von Quereinsteigern profitieren können, die aus anderen Berufsgruppen zu unserer Branche gestoßen sind. Allerdings nehmen Lehrberufe und Ausbildungszahlen ab, was letztlich für uns bedeutet, dass es weniger Zuwanderung von dieser Seite geben wird. Das Problem ist, dass in vielen Teilen der Gesellschaft über Jahre suggeriert wurde, dass man ein Abitur haben muss und womöglich noch ein Studium. Das Ansehen für Handwerksberufe und praktische Tätigkeiten ist so ins Hintertreffen geraten. Zudem finden Sie heute unter Jugendlichen oft eine gewisse Orientierungslosigkeit, die sicherlich mit der Vermittlung solcher Werte zu tun hat. Das alles führt dazu, dass der Fachkräftemangel in der Abbruchbranche viel problematischer werden wird. Das ist in allen Betrieben heute schon festzustellen.

Pocha: An den Mitgliederzahlen des Verbands kann man das zwar noch nicht ablesen, da wir wie eingangs erwähnt insgesamt Zulauf haben, aber wir registrieren ja auch eine geringe Fluktuation. Und bei den Abgängen geben rund 95 Prozent der Mitglieder als Grund die Veränderung der Geschäftstätigkeit an. Die Unternehmen geben dann meist den Betrieb auf, weil der Geschäftsführer sich auf andere Felder fokussiert oder weil kein Nachfolger gefunden werden kann. Da bekommen wir recht häufig Antworten wie "In meiner Familie will es keiner machen." Ein anderer Grund ist auch, dass Unternehmen der Baubranche, und dazu gehören wir ja auch, traditionell eine recht dünne Eigenkapitaldecke haben. Und wenn dann zwei größere Aufträge nicht bezahlt werden, dann ist man natürlich auch schnell in der Insolvenz. Das passiert halt auch, findet aber im Verband bisher nur in ganz kleinen Zahlen statt.

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Johann Ettengruber, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Abbruchverbands, bewertet die Erfahrungen mit Politik und Gesetzesvorhaben aktuell als kontraproduktiv. Foto: Deutscher Abbruchverband

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ABZ: Worauf legen Sie den Fokus in der aktuellen Verbandsarbeit?

Pocha: Aktuell ist die Mantelverordnung noch ein großes Thema. Wir nutzen in unseren Gremien die Zeit bis zum endgültigen Inkrafttreten der Mantelverordnung am 1. August 2023, um unsere Mitglieder zu informieren. Konkret, auf was die Betriebe jetzt vorbereitet sein müssen und was sie in der Zertifizierung umstellen müssen. Und natürlich darüber, was in Zukunft anders laufen wird. Gleichzeitig arbeiten wir durchaus auch mit anderen Verbänden zusammen, um im politischen Sektor zu erreichen, dass mit einer Novelle bis zum Inkrafttreten noch einmal nachgebessert wird.

Speziell wollen wir erreichen, den Produktstatus für qualitätsgesicherte Abfallprodukte zu bekommen und sie damit aus dem Abfallrecht herauszunehmen. Es steht zwar im Koalitionsvertrag der neuen Regierung, dass es passieren soll, aber in der Mantelverordnung ist es noch versäumt worden, genau das einzuschränken.

Ettengruber: Für Außenstehende könnte hier der Eindruck entstehen, dass wir auf dem Thema Mantelverordnung rumreiten, aber das ist auch so – und das hat einen ganz bestimmten Grund. Denn für Firmen der Abbruchbranche vom kleinen bis zum großen Betrieb ist dies elementar wichtig.

In anderen Materialbereichen wie Holz oder Stahl sind solche Dinge in den Recyclingprozessen gut geregelt. Aber wenn wir zu Abbruchmaterialien wie Beton, Kalksandstein oder Ziegel kommen, also bestem Baumaterial für die Weiterverwertung oder das Recycling, dann gilt das nach wie vor als Bauschutt. Wir sprechen hier von Millionen Tonnen bestem Recyclingmaterial, das aber laut der aktuellen Fassung der Mantelverordnung nicht mehr recycelt werden kann, sondern deponiert werden muss. Das ist schlichtweg ein Verbrechen an der deutschen Wirtschaft, das aber bisher keiner ändert, weil immer mit dem Totschlagargument Umweltschutz gewedelt wird.

Obwohl in den letzten 30 Jahren mühsam Techniken und Verfahren für die Aufbereitung und Wiederverwertung geschaffen worden sind, reißt man das mit einem Handstreich weg und klebt einfach das Schild "kontaminiert" darauf. Und wir sprechen hier von sauberen Mauersteinen oder Beton, der täglich in Brechanlagen verarbeitet wird. Das beste Granulat wird nicht mehr verwendet, weil es rechtlich gesehen Abfall ist.

Da ist leider Gottes bisher einiges extrem schief gelaufen, was aber auch damit zusammenhängt, dass meiner Meinung nach manche Entscheider fragwürdigen Ideologien hinterherrennen. Viele Bundesländer, speziell die südlichen wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, haben hier solches Material bisher wirklich vorbildlich wiederverwertet. Und zwar regional.

Dass in Zukunft diese Stoffe auf hunderte Kilometer entfernte Deponien verbracht werden müssen und CO2-Ausstoß sowie Straßenbelastungen künftig drastisch zunehmen werden, interessiert anscheinend niemand mehr. Wir fahren dann teilweise 150 Kilometer und mehr durch die Lande, wenn nicht mehr vor Ort recycelt werden kann. Diesem Dilemma versuchen wir im Verband entgegenzuwirken und merken, dass es sehr schwierig ist.

ABZ: Welche Aussichten bestehen denn, dass dieser Punkt der Verordnung im Sinne des Abbruchverbands noch verändert wird?

Ettengruber: Die Chancen stehen 50 zu 50, denn in Berlin stehen politisch ganz viele Themen auf den Tagesordnungen. Und es ist fraglich, ob wir uns als Verband dort genug Gehör verschaffen können.

ABZ: In anderen Länder ist man da weiter?

Ettengruber: Ja, schauen Sie einfach nach Österreich oder in die Schweiz. Wir haben viele Betriebe, die in Salzburg, Berchtesgaden oder in den Grenzregionen arbeiten. Und da muss man schon festhalten, dass uns diese Länder weit voraus sind. Denn dort gibt es ganz klare und sehr scharfe Kriterien für den Wiedereinbau von Recyclingmaterial, oder was die Belastung für Grundwasser oder Natur und Umwelt angeht. Die Schweiz ist da führend in der Mittelverwertung.

ABZ: Sie deuteten Anfang des Jahres an, dass der Verband bei diesem Thema eine gewisse Resignation in der Zusammenarbeit mit der Politik feststellt. Hat sich daran etwas geändert?

Ettengruber: Nicht wirklich, im Gegenteil. Wir stellen fest, dass immer häufiger die fachliche Kompetenz fehlt. Sie können leider recht oft darüber lesen, dass Beratungsunternehmen häufig eingesetzt werden und üppige Honorare ausgegeben werden. Und wir müssen leider auch feststellen, dass es in mehreren Ebenen an fachlichem Wissen mangelt. Und natürlich auch, dass Verbände wie unserer, wo das Fachwissen vorhanden ist, wenig Gehör finden.

Aber selbst wenn wir Gehör bei einem Minister, Staatssekretär oder den Büroleiter finden, müssen wir feststellen, dass in unteren Gremien die Kompetenz in manchen Bereichen völlig fehlt. Oder es wird nicht mehr verstanden Argumente zu hören, sie zu bewerten und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Und das ist es, was wir kritisieren müssen. Da bekommen Sie es teilweise mit verbohrten Ideologen zu tun, die zum Beispiel nicht wissen, dass es ein Kreislaufwirtschafts-Abfallgesetz gibt, oder ähnliches.

ABZ: Nun haben wir seit Kurzem eine neue Regierung und ein eigenes Bauministerium. Besteht da nicht die Hoffnung, dass sich da etwas ändert?

Pocha: Naja, nehmen Sie zum Beispiel, dass im Koalitionsvertrag steht, dass jährlich bis zu 400.000 neue Wohnungen gebaut werden sollen. Das hört sich zunächst gut für den Verband und für die Branche an, wenn zuvor alte, nicht mehr zeitgemäß renovierbare Wohnungen abgebrochen werden müssen. Oder wenn der Ausbau der Infrastruktur umgesetzt werden soll, Stichwort marode Brücken. Da gibt es durchaus Vorhaben, in denen auch für unsere Branche Arbeit anfällt. Es ist natürlich auch schön, dass das Bauen insoweit wieder aufgewertet wurde, dass es ein eigenes Ministerium dafür gibt. Aber es ist ja auch so, dass verschiedene Zuständigkeiten nun auf andere Häuser entfallen, die aber mit dem Bauen zu tun haben. Das Wirtschafts- und Klimaministerium ist beim Bauen für alles zuständig, was mit energetischer Gebäudesanierung zu tun hat und mit dem Thema Energiewende. Der Verkehrsminister ist für die Infrastrukturprojekte zuständig und Herr Lindner muss das Geld locker machen für alles. Da wird sehr viel Abstimmungsbedarf notwendig sein und es bleibt abzuwarten, ob sich die maßgeblichen Akteure da möglichst effektiv zusammenraufen können.

Ettengruber: Der Charakter des Bauens ist eigentlich klar, und es wird nur funktionieren, wenn es für die Beteiligten wirtschaftlich praktikabel bleibt. Ökologie und Ökonomie können auch im Gleichklang laufen. Aber Politik und Gesetzesvorhaben sind da momentan eher kontraproduktiv. Und da halte ich es für sehr fraglich, ob die Regierung das in den nächsten vier Jahren alles umsetzen kann. Wo soll denn das ganze Geld herkommen? Ich habe da geringe Erwartung und kann Wirtschaftsminister Habeck da nur zustimmen, dass die gesamte Förderpolitik da neu angefasst werden muss. Da läuft etwas grundverkehrt.

Ich halte es für sinnvoller, wenn Unternehmen erst selbst investieren und nach Beendigung solcher Projekte über Steuersparmodelle von ihrer Investition profitieren können. Das ist der Weg zu fördern, also erst fordern und dann fördern. Aus meiner Sicht sind es auch nur Lippenbekenntnisse, wenn gesagt wird, man werde nun 4000 neue Brücken bauen, 10.000 Kilometer Straßen erneuern, und so weiter. Die Frage der Wirtschaftlichkeit solcher Vorhaben wird uns einholen. Aber man kennt das ja schon. Erst wird angekündigt, und wenn dann kein Geld für die Vorhaben mehr da ist, wird halt verschoben.

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Rechtsanwalt Andreas Pocha ist Geschäftsführer des Abbruchverbands. Foto: Deutscher Abbruchverband

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