Ressourcenschonendes Bauen

Baustoff Holz gewinnt bei Verbundsystemen an Terrain

Beton
Die Grundlagenforschung tüftelt an der Entwicklung nachhaltiger Baumaterialien. Holzleichtbeton ist eine vielversprechende Alternative zu gewöhnlichem Beton. Foto: Alireza Fadai/TU Wien

Wien/Österreich (ABZ). – Ressourcenschonendes Bauen fängt bereits beim Material an. In einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt wurde zu Verbundsystemen aus Holz und Holzleichtbeton geforscht, mit dem Ergebnis, dass diese Materialien als tragende Elemente einsetzbar sind. Wer selbst gebaut oder renoviert hat, weiß: Wird Normalbeton im richtigen Verhältnis gemischt, hat man einen tragfähigen Baustoff zur Hand. Was den Aspekt der Nachhaltigkeit betrifft, lässt dieser "Klassiker" aber zu wünschen übrig. Eine Alternative wäre Holzleichtbeton, bei dem Kies durch verschiedene Zuschläge aus Holz, wie etwa Hackschnitzel oder Sägemehl, ersetzt wird. Damit sich dieser Verbundwerkstoff als Baumaterial durchsetzen kann, müssen jedoch wichtige Fragen, etwa zur Tragfähigkeit, geklärt werden. Große Fortschritte wurden diesbezüglich im Rahmen eines Forschungsprojekts gemacht, das der Wissenschaftsfonds FWF förderte.

Im Fokus stand die Entwicklung von tragenden Bauteilen aus Holz und Holzleichtbeton, wobei sowohl die Frage zur Tragfähigkeit als auch ökologische und ökonomische Aspekte integriert wurden. Ziel ist ein ressourcenschonender Baustoff, der hauptsächlich auf dem nachwachsenden Rohstoff Holz basiert. Er soll zudem einfach anzuwenden und zu recyclen sein. "Wir forschen an einer neuen Generation von Holzleichtbeton. Jeder soll sie im Baumarkt kaufen und selbst mischen können, wie heute Normalbeton. Unser Ziel ist kein High-Tech-, sondern ein Low-Tech-Produkt, das ökologische und ökonomische Ansprüche erfüllt", sagt Projektleiter Alireza Fadai, Professor für Resource Efficient Structural Design (Ressourceneffiziente Tragwerksplanung) am Institut für Architekturwissenschaften der Technischen Universität Wien.

Dieser Vision nähern sich die beteiligten Forschenden in Wien, an der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg (CH) und der ETH Zürich gemeinsam schrittweise an. Eine der zentralen Herausforderungen bestand für Fadai und sein Team etwa darin, aus einer Vielzahl an Varianten die optimale Mischung von Zement und Holzpartikeln zu konzipieren. Wie gut sich beide Komponenten verbinden, hängt von etlichen Variablen ab, wie z. B. Holzart, Länge und Gewicht der Holzpartikel, Wassermenge oder Zementart. Bei der Entwicklung wurde von Anfang an auf Wirtschaftlichkeit und neue Zementarten gesetzt, deren Produktion weniger CO2 freisetzt. Die richtige Mixtur beschränkt sich aber nicht bloß auf die Kompatibilität von Zement und Holzpartikeln. Als zentraler Bestandteil von tragenden Holz-Holzleichtbeton-Verbundsystemen muss auch Holzleichtbeton allen Ansprüchen in punkto Tragfähigkeit, Brand- und Schallschutz sowie thermische Isolation gerecht werden. Ein großes Plus ist zudem das geringere Gewicht.

Bereits heute wird oft, auch mehrgeschossig, mit Holz gebaut – allerdings kommt der Baustoff Holzleichtbeton eher bei nicht-tragenden Elementen zum Einsatz. Der Grund besteht in dem Problem, die Tragfähigkeit zu prognostizieren. Schließlich möchte jeder wissen, wie eine Decke in fünf Jahren aussieht. Eine geeignete Bemessungsmethode ist für den Markterfolg somit entscheidend, weshalb deren Entwicklung im Forschungsprojekt eine zentrale Rolle einnahm. Fadai setzte dabei auf bewährte, in der Praxis genutzte Bemessungsmethoden, und adaptierte sie für die Holz-Holzleichtbeton-Verbundsysteme. Diese Strategie soll deren Anwendbarkeit in der Praxis vereinfachen. Für die Modifikation integrierten die Forschenden Ergebnisse aus Laborversuchen aus beiden Ländern.

Sowohl Holz als auch Holzleichtbeton sind lebendige Baustoffe und verformen sich unter Druck, ein Phänomen, das als "kriechen" bezeichnet wird. Da man bei deren Kombination bisher aber nicht abschätzen konnte, wie stark, brauchte es spezielle Versuche. "Wir haben Trageversuche bis zum Bruch durchgeführt und die Ergebnisse in die computergenerierten Modelle integriert und evaluiert", erklärt Fadai. Zusätzlich zu diesen Bauteilversuchen, um die Tragfähigkeit der Verbundkonstruktionen zu ermitteln, wurden Langzeitversuche unter Dauerlast durchgeführt. Diese lieferten eine zentrale Erkenntnis: Die Verformungen nehmen über die Jahre zu. Weil dieses Wissen in die Konzeption des Bemessungstools eingebunden wurde, ist es damit nun heute möglich, das Trageverhalten von Holz-Holzleichtbeton-Verbundsystemen, kurz- wie langfristig, zuverlässig zu prognostizieren.

Neben dem Mischungsverhältnis und dem Bemessungstool wird in punkto Nachhaltigkeit auch auf die Verbindungen zwischen Holz und Holzleichtbeton geachtet. Lassen sich die einzelnen Teile gut trennen, ist es einfacher, sie zu recyceln. So könnten sie entweder in den Produktzyklus, als Beigabe zu Holzleichtbeton, oder durch Verheizen in den Energiekreislauf rückgeführt werden. Aktuell forscht Fadai bereits dazu, aber weil sowohl die Zerlegbarkeit als auch die Gießbarkeit des Holzleichtbetons noch Fragen aufwirft, wurde bereits ein Förderantrag für ein EU-Projekt eingereicht. Wäre Holzleichtbeton auch direkt auf der Baustelle einsetzbar, hätte das Vorteile, weil – so Fadai – "ein gießbarer und selbstverdichtender Holzleichtbeton nicht gerüttelt werden muss." Der Einsatz von Verdichtungsgeräten wäre damit hinfällig, was speziell für Bautätigkeiten im Bestandsbau von Interesse ist. Alles in allem ist die Forschung an einem ressourcenschonenden Baumaterial bereits weit gediehen. Vielleicht kann man in naher Zukunft sogar als Häuslbauer im Baumarkt zu Holzleichtbeton greifen und so einen Beitrag zu nachhaltigem Bauen leisten.

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