Bundesfachtagung Gerüstbau

Sorgenvoller Blick nach Brüssel wegen Vollhandwerk

von: Burkhard BÜSCHER
Tarifabschluss Baupolitik
Freuten sich über die hohe Zahl der Teilnehmer zur Mitgliederversammlung von Bundesinnung/Bundesverband (v. r.): Marcus Nachbauer, Bundesinnungsmeister/Präsident, Sabrina Luther, Geschäftsführerin, Frank Dostmann und Holger Budroweit, beide stellvertr. Bundesinnungsmeister/Vize-Präsident. Foto: Büscher

ROSTOCK. - Bundesinnung Gerüstbau sowie Bundesverband Gerüstbau freuen sich über den jüngsten Tarifabschluss im Gerüstbauer-Handwerk, da die Fortführung des tariflichen Mindestlohns sichergestellt werden konnte. Jetzt lägen die ersten Gesetzentwürfe für den gesetzlichen Mindestlohn vor, die genau das zeigten, was befürchtet wurde, erklärte Marcus Nachbauer, Bundesinnungsmeister sowie Präsident des Bundesverbandes Gerüstbau während der Mitgliederversammlung im Rahmen der Bundesfachtagung in Rostock-Warnemünde.

"Der gesetzliche Mindestlohn ist wesentlich weniger flexibel, als wir ihn uns tariflich erkämpfen konnten", betonte Nachbauer. In dem Zusammenhang bedauerte er das langwierige Verfahren zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Zuvor hatte sich Nachbauer über rund 200 anwesende Mitglieder und die stetig nach oben zeigende Mitgliederentwicklung (715) gefreut. "Wir gehen davon aus, dass einerseits die aktuelle wirtschaftliche Lage definitiv den Mitgliederzuwachs begünstigt hat und dass sich offensichtlich aber auch die Vorteile einer Mitgliedschaft in der Bundesinnung für das Gerüstbauerhandwerk herumgesprochen haben." Je größer die Bundesinnung und der Bundesverband würden, desto mehr könnten sie auch für die Branche bewegen. Die Herausforderungen seien im Bereich der Arbeitssicherheit, des Tarifes und neuerdings auch wieder im Handwerk. "Denn leider ist das einmal Erreichte, unsere Ankerkennung als Vollhandwerk, nicht für alle Zeit gesichert", räumte Nachbauer ein. Denn ganz aktuell stehe der deutsche Meister in Brüssel auf dem Prüfstand. "Also machen Sie weiter Werbung für uns, damit wir eine starke Stimme für den Gerüstbau bleiben", rief Nachbauer den Teilnehmern zu.

Detailiert ging Geschäftsführerin Sabrina Luther während der Mitgliederveranstaltung auf das Thema Mindestlohn ein. Dieser sei erstmals für die Gerüstbaubranche nach einem langen Verfahrensgang im August 2013 für allgemeinverbindlich erklärt worden. Zwischenzeitlich habe man mit dem Mindestlohn erste Erfahrungen in der Praxis sammeln können. Diese seien nach Wahrnehmung von Geschäftsstelle und Vorstand bisher durchweg gut gewesen, wusste Luther zu berichten. Im Februar sei ein Tarifabschluss über die Fortsetzung des Mindestlohns erzielt worden. "Dies war notwendig, da im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer bei der Einführung des ersten Mindestlohns , der ja ursprünglich aus einem Tarifabschluss von 2011 stammte, die Laufzeit des ersten Tarifvertrages bereits beendet war." Was zunächst als notwendiges Übel erschienen sei, kurz nach seinem erstmaligen so späten Wirksamwerden schon wieder über eine Fortsetzung verhandeln zu müssen, hätte sich im Nachhinein schließlich als Vorteil erwiesen. Luther: "Denn es gab uns die Chance, die Anforderung an die Arbeitszeitkonten im Hinblick auf eine flexiblere Handhabung in der Praxis in Bezug auf den Mindestlohn zu lockern." Darin habe auch eine der großen Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit der Gewerkschaft gelegen, denn die hätte sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. "Wir freuen uns, dass wir jetzt doch einige Verbesserungen erreichen konnten und das könnte zukünftig noch einige Bedeutung erlangen, wenn der gesetzliche Mindestlohn so kommt, wie er sich derzeit darstellt", erklärte die Geschäftsführerin. Allerdings hätten die schwierigen Verhandlungen mit der Gewerkschaft mehrere Monate gedauert, so dass der Mindestlohn erst zum 1. Mai diesen Jahres neu abgeschlossen werden konnte. Nun warte man auf den Abschluss des Allgemeinverbindlichkeitsverfahrens durch das Ministerium, was sich damit sehr viel Zeit lasse. Die Forderung des Verbandes/der Innung, das Allgemeinverbindlichkeitsverfahren zu beschleunigen oder zu reformieren, die im vergangenen Jahr vor den Wahlen zusammen mit der Bundesvereinigung Bauwirtschaft aufgestellt worden sei, habe zwar Berücksichtigung im Gesetzespaket zum gesetzlichen Mindestlohn gefunden, aber dies sei ja noch nicht in Kraft und das Ministerium fühle sich auch daran bisher nicht gebunden.

Der Gesetzentwurf des Tarifautonomiestärkungsgesetzes, welches auch den gesetzlichen Mindestlohn regelt, solle bis zum 1. Januar 2015 in Kraft treten, teilte die Geschäftsführerin mit. "Nach dem jetzigen Entwurf sind die dort enthaltenen Regelungen z. B. zu den Arbeitszeitkonten enger als unsere jetzig neu erkämpften Branchenregelungen." Ein weiter wichtiger Aspekt dabei sei auch, dass der neue gesetzliche Mindestlohn auch die Angestellten einbeziehe und nicht nur wie bisher die gewerblichen Arbeitnehmer. Damit müssten auch für die Angestellten entsprechende Aufzeichnungen vorgenommen werden, was einen Zuwachs an Bürokratie bedeute. Neben solchen "bedrohlichen Dingen" enthalte das Gesetzespaket zum gesetzlichen Mindestlohn auch eine sehr positive Änderung, die vom Verband seit vielen Jahren gefordert werde: Das Verfahren zur Allgemeinverbindlicherklärung solle nicht nur beschleunigt, sondern auch erleichtert werden und zwar insbesondere für solche Branchen, die eine gemeinsame Einrichtung, wie eine Sozialkasse hätten. Luther bezeichnete als langgehegten Traum, dass dieses Gesetz jetzt ganz konkret vorliegt und bis Ende des Jahres verabschiedet werden soll. Dies sei Anlass gewesen, in eine Arbeitsgruppe mit der Gewerkschaft einzusteigen, die es sich zum Ziel gesetzt habe, das gesamte Kassentarifvertragswerk, welches seit 2002 nicht geändert werden konnte, einer kompletten Überarbeitung und Modernisierung zu unterziehen. Das sei kein leichtes Unterfangen, aber eine historische Chance.

Nachbauer und Luther informierten die Mitglieder auch über den Umbau der Geschäftsstelle, der nach sechs Monaten abgeschlossen werden konnte. Die Geschäftsführerin freute sich besonders, dass gerade vor dem Hintergrund dramatischer Bauzeitverschiebungen bei Großprojekten der Umbau der Geschäftsstelle innerhalb der geplanten Zeit erledigt werden konnte. So habe man u. a. die Zahl der Büroräume auf 15 erweitert und alle Zimmer attraktiver gestaltet. Am Tag zuvor hatte die Mitgliederversammlung des Güteschutzverbandes Stahlgerüstbau unter dem Vorsitz von Josef Teupe stattgefunden. Dieser appellierte an die Mitglieder, immer wieder die Qualität der Gerüste in den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen. "Das Wichtigste ist dabei, dass Mitarbeiter regelmäßig geschult werden." Als sehr erfreulich bezeichnete Teupe den Besuch der Eigenüberwacherschulungen und die Zahl der Eigenüberwacher. Da gebe es seit Jahren einen positiven Trend, nicht zuletzt wegen der insgesamt gestiegenen Mitgliederzahlen. Teupe forderte die Mitglieder auf, mehr Sonderüberwachungen für Gerüste anzufordern. Gerade bei Gerüsten in Grenzsituationen oder wenn sich im Baufortschritt eine örtliche Änderung ergeben habe, die vorher nicht erkennbar gewesen sei, könne die Sonderüberwachung wichtig sein.

Besondere Beachtung während der Mitgliederversammlung fanden die Ausführungen des Fremdüberwachers Michael Klimpel. Nach seinen Angaben ist klar zu erkennen, dass die Qualität der Gerüste immer besser wird. Der Güteschutzverband Stahlgerüstbau habe in den vergangenen Jahren für eine hervorragende Qualität in der Branche gesorgt. Ziel der Mitgliedsbetriebe müsse es sein, sich von anderen durch Qualitätsarbeit abzuheben.

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