Steinerne Zeitzeugen

Rundgang durch eine zerstörte Stadt

von:

Jörg Schurig

Denkmalpflege Architektur
Die ehemalige Zionskirche, das Lapidarium der Landeshauptstadt Dresden. Die 1912 geweihte Kirche war in der Bombennacht vom 13. auf den14. Februar 1945 bis auf die Grundmauern ausgebrannt.

DRESDEN. - Der Gang durch das alte Dresden ist bisweilen beklemmend. Abgeschlagene Köpfe von Skulpturen lagern neben anderen steinernen Gliedmaßen, Fassadenteilen, Säulen, Schmuckelementen oder Gittern. Das Lapidarium (Sammlung von Werken aus Stein) von Dresden bewahrt Trümmerteile von Bauten auf, die bei den Luftangriffen auf die Stadt am 13./14. Februar 1945 zerbombt wurden.Auf Hochregalen stapelt sich einstige Pracht, diverse Baustile dicht gedrängt, die einzelnen Objekte mit Nummern versehen. Etwa 7000 Fundstücke umfasst die Sammlung. Viele von ihnen haben das Lapidarium in einem alten Kirchenbau im südlichen Dresden schon wieder verlassen und Platz in wiederaufgebauten Gebäuden gefunden. Dennoch wird der Bestand nicht kleiner, denn es kommen auch Stücke aus der Nachkriegszeit hinzu."Wir sind kein Museum, sondern ein Depot", stellt Denkmalpfleger Gerd Pfitzner klar. Sein oberstes Ziel besteht tatsächlich darin, so viele Objekte wie möglich wieder "loszuwerden". So griffen bspw. bei der Bebauung des Dresdner Neumarktes rund um die Frauenkirche Architekten und Bauherren auf Teile aus dem Lapidarium zurück. Häufig müssen die Fundstücke zuvor restauriert werden. So lagerte unter anderem der 12 m hohe Rathausmann – die vergoldete Turmfigur – zwischenzeitlich hier und wartete auf seine Restaurierung in einer Werkstatt. Vorübergehend gehören auch die Bronzetüren des Kulturpalastes zum Inventar – bis er nach der Sanierung wieder als Musentempel dient.Dass Dresden ein Lapidarium hat – das Wort leitet sich vom lateinischen Lapis (Stein) ab – ist vor allem der Akribie von Gerhard Ebeling (1899–1981) zu verdanken. Er war ein Mitschüler von Erich Kästner und lehrte später an der Dresdner Kreuzschule Geografie, Kunstgeschichte, Zeichnen und Werken. Nach dem Krieg beauftragte die Stadt Dresden Baumeister Herbert Steinert mit der Trümmerbergung.

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Denkmalpflege Architektur
Blick in die ehemalige Zionskirche, das Lapidarium der Landeshauptstadt Dresden. Auf Hochregalen stapelt sich die einstige Pracht, diverse Baustile sind dicht gedrängt, die einzelnen Objekte mit Nummern versehen. Fotos: dpa

Ebeling half als Bauzeichner, vermaß und zeichnete stehengebliebene Fassaden und wertvolle Bruchstücke, Reliefs oder Gitter. Seine Aufzeichnungen dienen noch heute Denkmalschützern als Quelle. Lange waren die Trümmerteile an mehreren Orten in Dresden verstreut. Seit 1995 sind sie in der alten Zionskirche konzentriert.Die 1912 geweihte Kirche ist im Grunde das größte Trümmerstück. In der Bombennacht vom 13. auf den 14. Februar brannte sie bis auf die Grundmauern aus. Die Gemeinde musste in einer Baracke neben der Kirche unterkommen. 1982 wurde eine neue Zionskirche errichtet – ein Geschenk der schwedischen Kirche. Das Grundstück des alten Kirchenbaus fiel nach einem Tausch in die Hände der Stadt.Damit konnten auch Planungen für ein zentrales Lapidarium umgesetzt werden. Bisher lagen die Bruchstücke der Dresdner Architekturgeschichte in Ruinen wie dem Schloss, dem Taschenbergpalais und dem Palais Großer Garten. Mit dem Beschluss zum Wiederaufbau des Residenzschlosses brauchte man dort Platz.Gerd Pfitzner weiß viele Geschichten zu den Objekten. Das älteste – eine Grabplatte aus dem Umfeld einer früheren Kirche in Briesnitz – stammt noch aus einer Zeit, als Dresden kein Stadtrecht besaß. Archäologen datieren es ins 11. Jahrhundert. Hin und wieder gibt es Anfragen von Museen, Stücke aus dem Lapidarium als Leihgabe in Ausstellungen zu zeigen. Selbst in London interessierte man sich schon.Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr lieh für seine Schau zum Ersten Weltkrieg zwei Köpfe von Figuren aus dem Sockelbereich des Germania-Denkmals auf dem Dresdner Altmarkt aus.Auch die DDR ist in der Sammlung vertreten, z. B. durch ein Denkmal der Sozialistischen Einheitspartei. Es wirkt lädiert. "Man hat es nicht feinfühlig abgebaut", sagt Pfitzner. Die Stadt bietet heute nach Anmeldung kostenlosen Führungen durch das Lapidarium. Am Tag des offenen Denkmals strömen regelmäßig mehr als 500 Interessenten in die nun wieder überdachte Kirche. Und auch Teilnehmer der Seniorenakademie und Studenten sind regelmäßig zu Gast.Auf dem Weg zum Depot steht an einer Ecke der Kirchenwand das vielleicht bekannteste Objekt. Die Figur vom Mozartdenkmal im Blüherpark ist vom Luftangriff gezeichnet. Bombensplitter haben den Leib der Frauenfigur, die den Ernst in Mozarts Musik verkörpert und von den beiden Skulpturen Heiterkeit und Anmut komplettiert wurde, durchlöchert. Der Unterleibist ausgehöhlt. Solche Narben bleiben. Die Figur am Brunnen ist inzwischen durch eine Kopie ersetzt.

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