Herausforderungen und Versprechen

Beteuerungen statt konkreter Zusagen am Tag der Bauindustrie

von: Kai-Werner Fajga
Berlin. – An Bekenntnissen zur Bauindustrie mangelte es zum Tag der Bauindustrie, der Anfang Juni in Berlin stattfand und zu dem der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) Gäste aus Wirtschaft und Politik eingeladen hatte, wahrlich nicht.
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Mit mehr als 1000 Teilnehmern verzeichnete der vom HDB veranstaltete "Tag der Bauindustrie 2024" erneut einen Rekord. Viele Gäste mussten in den Gängen stehen, um den Vortragenden – wie hier Bundeskanzler Olaf Scholz – zu lauschen. Foto: Kai-Werner Fajga

Mit Bundeskanzler Scholz, Finanzminister Lindner, Wirtschaftsminister Habeck, CDU-Vorsitzendem Merz und Bundesbauministerin Geywitz gaben alle derzeit maßgeblichen politischen Entscheider ihr Stelldichein vor Ort, bekräftigten die Unterstützung der Branche und räumten derselben einen hohen Stellenwert ein.

Er möchte keine Verhältnisse in Deutschland, "wo erst Einwohner mit niedrigen und dann immer mehr auch Frauen und Männer mit mittleren Einkommen regelrecht aus den Städten gedrückt werden". Notwendig sei "Neubau im großen Stil" – und zwar ohne tausende Vorschriften, die alles teurer machten. "Wir müssen mehr und anders bauen", sagte Bundeskanzler Scholz.

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Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor Institut der deutschen Wirtschaft (IW), überreichte Bundesbauministerin Klara Geywitz ein Exemplar der neuen Studie. Foto: Kai-Werner Fajga

Bundesbauministerin Geywitz betonte die Bedeutung der Bauindustrie in Zeiten einer schwachen Konjunktur: "Deutschland hat ein Problem mit dem Wirtschaftswachstum und wenn die Bauwirtschaft nicht wieder ins Wachstum kommt, dann wird das mit dem Gesamtwirtschaftswachstum auch nicht werden." Die Branche jedoch dürfe nicht nur auf staatliche Subventionen setzen – dazu sei der Haushalt der Bundesregierung einfach zu klein.

Möglich seien nur punktuelle Förderprogramme für Infrastruktur und Dinge, die sich allein nicht rechneten. Sie informierte auch darüber, dass das Bundeskabinett jüngst die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit beschlossen habe, womit "neben dem sozialen Wohnungsbau eine weitere starke Säule für mehr bezahlbaren Wohnraum" geschaffen werde.

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„Wir tun was wir können, damit die Bau- wirtschaft aus dem Tal der Tränen kommt“, versicherte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Foto: Kai-Werner Fajga

"Wir tun was wir können, damit die Bauwirtschaft aus dem Tal der Tränen kommt", versicherte Wirtschaftsminister Habeck, machte aber mit dem Satz "mehr Geld wird es nicht geben" seinen Standpunkt überaus deutlich. Als einen Schlüssel für mehr Investitionen in der Bauindustrie definierte er eine Senkung des EZB-Leitzinssatzes, was sehr wahrscheinlich und zeitnah anzunehmen sei.

Finanzminister Lindner setzt beim dringend notwendigen Wohnungsbau auf private Investitionen statt öffentlicher Förderung. Das Gros der Investitionen in den Wohnungsbau müsse von privater Hand geleistet werden. Öffentliche Infrastruktur allerdings, also Brücken, Schienen, Straßen und Digitalisierung, sei Sache des Staates.

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Finanzminister Christian Lindner setzt beim dringend notwendigen Wohnungsbau auf private Investitionen statt öffentlicher Förderung. Foto: Kai-Werner Fajga

Hier müssten hinreichende Mittel bereitgestellt werden. Professor Dr. Michael Hüther, Direktor des Institut der deutschen Wirtschaft (IW), informierte zum Event über die Kernergebnisse der Studie "Volkswirtschaftliche Bedeutung der Bauwirtschaft" vor, die der HDB in Auftrag gegeben hatte, und die einen Tag zuvor vorgestellt worden war.

Darin hieß es, dass jeder in den Bau investierte Euro nicht nur das Baugewerbe mit seinen 2,65 Millionen Arbeitsplätzen stabilisiere, Bauinvestitionen sollen auch den Industriestandort und die hiesige Wirtschaft stärken und "ein erhebliches gesamtwirtschaftliches Wachstumspotenzial" erzeugen. Ein weiteres, zentrales Ergebnis sei, dass der Anteil des Baugewerbes und seines Vorleistungsverbundes an der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung im Jahr 2019 noch bei 7,5 Prozent lag und die Wertschöpfung des Baugewerbes von Ende 2020 bis Ende 2023 um real 15 Prozent gesunken sei. Es handele sich in der Bauwirtschaft um "langfristige strukturelle Verwerfungen", so Hüther. Besonders alarmierend sei, dass die Arbeitsproduktivität in der Bauwirtschaft tatsächlich seit den 1990er-Jahren stagniere– trotz vermehrter Kapitalausstattung.

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"Keine Branche ist so durchreguliert wie der Bau", sagte HDB-Präsident Peter Hübner und forderte Abhilfe von der Politik. Foto: Kai-Werner Fajga

Die schlechte Produktivitätsentwicklung ist demnach vor allem ein Resultat der Überregulierung der Branche. Die Trennung von Planung und Bauen sowie die weitere Unterteilung von Aufträgen schaffe bei komplexen Bauwerken erhebliche Abstimmungsprobleme und stehe Synergien entgegen.

"Ihr Bau-Turbo war und ist der richtige Ansatz", sagte HDB-Präsident Hübner in Anspielung auf Aussagen des Bundeskanzlers zu Beginn der Legislaturperiode, allerdings gebe es noch immer zu viele Faktoren, die verhinderten, dass der Turbo zünden könne. Der Staat müsse etwa die "unzähligen regulatorischen Hemmnisse" abbauen, da etwa die Produktivität durch Überregulierung gehemmt werde.

"Keine Branche ist so durchreguliert wie der Bau", sagte Hübner. Die Trennung von Planung und Bau sei ein weiteres Problem, ebenso die kleinteilige Auftragsvergabe. Das gebe es in keiner anderen Branche. Zudem müsste hinsichtlich der Förderprogramme Verhältnisse geschaffen werden, die "verlässlich und auskömmlich" für Unternehmen seien. Wenn die unterschiedlichen Punkte berücksichtigt und Mängel abgestellt werden würden, dann stehe die Bauindustrie "für den Turbo bereit".

Autor

Kai-Werner Fajga

Chefredakteur Allgemeine Bauzeitung

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