Verjährungsfristen

"Vergessene" Forderung muss nicht verjährt sein

von: Rechtsanwalt Philip Pürthner
Haben die Parteien die Fälligkeit einer Forderung per Vereinbarung an die Erteilung einer Rechnung geknüpft, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit Schluss des Jahres zu laufen, in dem die Rechnung zugeht.
Rechteck Baurecht
Ein Mann hält eine Stromrechnung in den Händen. Grundsätzlich betragen die Verjährungsfristen für Rechnungen drei Jahre und beziehen sich auf den Schluss eines Kalenderjahres. Das heißt, dass mit Ablauf des Jahres 2021 Ende des Jahres 2024 Forderungen verjähren können. Foto: picture alliance/dpa | Monika Skolimowska

Dies hat das OLG Karlsruhe mit Urteil vom 16.02.2024 (Az.: 4 U 140/23) in einem Fall entschieden, in dem die Umlage für Strombezug aus den Jahren 2010 und 2011 erst im Jahr 2019 mit Schlussrechnung geltend gemacht worden ist. Grundsätzlich betragen die Verjährungsfristen für Rechnungen drei Jahre und beziehen sich auf den Schluss eines Kalenderjahres. Das heißt, dass mit Ablauf des Jahres 2011 Ende des Jahres 2014 Forderungen verjähren können.

Vorliegend haben die Parteien vereinbart: "(…) Der Rechnungsbetrag wird zehn Tage nach Rechnungseingang fällig. Mit der letzten Abrechnung des Jahres (Schlussrechnung) werden Differenzen zwischen der Preisprognose und den sich tatsächlich einstellenden Kosten ausgeglichen." Nach der Begründung des OLG Karlsruhe entspreche es ohne weitere Differenzierungen und Einschränkung der ständigen Rechtsprechung, dass dann, wenn die Parteien die Rechnungsstellung als Fälligkeitsvoraussetzung vereinbart haben, die Verjährungsfrist erst mit Zugang der Rechnung zu laufen beginnt, weil der Gläubiger erst dann Zahlung fordern könne. Dies gelte selbst dann, wenn die Rechnung pflichtwidrig spät unter Überschreitung einer Abrechnungsfrist erstellt würde. Dies könne allenfalls Schadensersatzansprüche auslösen, wenn durch die Verspätung der Abrechnung ein entsprechender Schaden entstanden ist.

Im Ergebnis konnte somit die Klägerin Leistungen, die die Beklagte in den Jahren 2010 und 2011 entgegengenommen hat und die die Klägerin hätte abrechnen können, durch Rechnungsstellung im Jahr 2019 erfolgreich geltend machen. Auch der hilfsweise erhobene Einwand der sogenannten Verwirkung war nicht rechtsvernichtend. Die Verwirkung eines Rechts liegt vor, wenn der Berechtigte es längere Zeit unterlässt, das Recht geltend zu machen und der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten davon ausgegangen ist und davon auch ausgehen durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr ausüben werde. Zum bloßen Zeitablauf müssten somit auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen. Hieran hat es ebenfalls gefehlt.

Praxistipp

Da eine Vielzahl von Verträgen entsprechende Klauseln vorhalten, wonach der Rechnungsbetrag zehn oder vierzehn Tage nach Rechnungseingang fällig wird, mag dies dem Gläubiger behilflich sein, eine gegebenenfalls "vergessene" Rechnung dennoch erfolgreich durchsetzen zu können. Der Schuldner hat zu beachten, dass auch ihm eine sogenannte Nachfrageobliegenheit entgegengehalten werden kann.

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Autor

Rechtsanwalt Philip Pürthner

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