Baurecht

Unterschiede bei der Verjährung (insbesondere Photovoltaik auf Dächern)

von: Rechtsanwalt & Notar Johannes Jochem
Das Recht der Verjährungen von Ansprüchen ist vielseitig. Während der Vergütungsanspruch (Werklohn oder Kaufpreiszahlung) in 3 Jahren verjährt (bemessen ab dem 31. Dezember des jeweiligen Jahres der Fälligkeit), verjähren Gewährleistungsansprüche (Mängelrechte) kraft Gesetzes gegen den Auftragnehmer ab dem Tag der Übergabe/Abnahme datumsgenau und zwar in 2 Jahren, 4 Jahren oder 5 Jahren oder ausnahmsweise in sogenannten Arglistfällen noch länger, bis maximal in 10 Jahren.

Hinzukommen vertragliche Vereinbarungen zu abweichenden Verjährungsfristen oder Enddaten und sogenannte Hemmungstatbestände zum Beispiel bei Verhandlungen über den Gewährleistungsanspruch oder zum Neubeginn der Verjährung führende Anerkenntniserklärungen des Auftragnehmers.

Als Beispielsfall dient ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig vom 01.02.2023, Aktenzeichen 12 U 63/20. Es ging um die Herstellung einer Aufdach-Photovoltaikanlage. Es stellt sich zuerst die Frage, ob Kaufrecht gilt bei Kauf inklusive Lieferung und Montage der Anlage auf dem Dach des Gebäudes oder Werkvertragsrecht bei Herstellung der Anlage auf dem Dach (eine Differenzierung, die nicht leichtfällt und zu der es unterschiedliche Einzelfallentscheidungen gibt). Hier war die Errichtung der Anlage auf dem Dach mit Gewindebolzen erfolgt, wobei die notwendigen Manschetten bei der Dachabdichtung vergessen wurden. Es kam daher zu einem Wasserschaden und die Reparatur und Mängelbeseitigung durch vollständigen Abbau und Neuaufbau erforderte über 100.000 Euro.

Das Gericht hatte sich damit zu befassen, ob die Tätigkeit des Auftragnehmers ein Bauwerk war. Denn dann würde im Kaufrecht sowie im Werkvertragsrecht eine 5-jährige Verjährung der Mängelansprüche gelten.

Bei wirksamer Einbeziehung der Regelung des § 13 Abs. 4 VOB/B kämen auch 4 Jahre in Betracht. Handelt es sich bei der Tätigkeit des Auftragnehmers nicht um ein Bauwerk, sondern um eine sonstige Sache (auch wenn das Dacht auf dem die Photovoltaikanlage montiert ist, selbst auf einem Bauwerk ist), ist die Verjährungsfrist 2 Jahre.

Das Gericht hat sich auch damit befasst, ob der nicht ungewöhnliche Ausführungsfehler vom Auftragnehmer frühzeitig hätte erkannt werden müssen und bewusst verschwiegen wurde. Denn dann wäre die Geltendmachung von Mängelrechten je nach Datum der Erkennbarkeit des Arglistfalls durch den Auftraggeber bis zu 10 Jahre lang möglich. Der Auftragnehmer hat hier Glück gehabt, dass sich der Schaden und Mangel erst so spät zeigte, dass bereits Verjährung eingetreten war.

Folgen für die Praxis

Am Anfang ist bei Abschluss des Vertrages darauf zu achten, ob die beabsichtigte Tätigkeit womöglich selbst kein Bauwerk ist. Denn dann gelten laut Gesetz 2 Jahre Verjährung für Mängelansprüche und der Auftragnehmer würde aufgrund einer entsprechenden Vertragsklausel oder AGB hinsichtlich 4 Jahren oder 5 Jahren überobligatorisch eine längere Gewährleistungsfrist versprechen. Auch zu einem späteren Zeitpunkt könnte "aus Versehen" eine zu lange (oder aus Sicht des Auftraggebers zu kurze) Frist vereinbart werden, zum Beispiel im Abnahmeprotokoll. In einem Fall des OLG Braunschweig, Urteil vom 20.12.2012, Aktenzeichen 8 U 7/12, wurde in einem beiderseitig unterzeichneten Abnahmeprotokoll ein Enddatum eingetragen, das "zu früh" lag.

Das Gericht entschied, dass sich die Vertragsparteien damit in einer Individualvereinbarung auf eine kürzere als bisher bestehende Frist geeinigt hätten. Auch der entgegengesetzte Fall durch Eintragen eines "zu späten" Enddatums ist denkbar. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 27.09.2018, Aktenzeichen VII ZR 45/17, entschieden, dass im Einzelfall geprüft werden musss, ob dies eine abweichende Vereinbarung sein soll, oder ob es sich um ein "Redaktionsversehen" handelt.

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Autor

Rechtsanwalt & Notar Johannes Jochem

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